Lazy Jacks!

Holger

Jeder Segler (ohne moderne Rollsegel…) kennt das: Will man die Segel einholen, dann muss man in den Wind  drehen. Klar. Aber dennoch macht sich das Großsegel ganz schön „breit“ und es ist nicht immer einfach, es einigermassen ordentlich einzufangen und auf den Baum zu binden. Und wenn sich auf dem Kurs gegen den Wind etwas nähert, sei es ein Boot, eine Tonne oder eine steinerne Mole, dann muss man irgendwie abfallen und der Wind geht ins Segel und… alles Mist. Zum Glück gibt es dafür seit langem einfache technische Lösungen bzw. Erweiterungen für den klassischen Segler: Lazy Jacks oder gar Lazy Bags.

Im Grunde sind das nur Leinen, die schräg zwischen Baum und Mast gespannt sind, damit das Segel da landet, wo es soll. Bei den Lazy Bags fällt das Segel in eine Art Tasche, welche danach mit einem Reissverschluss gleich geschlossen werden kann, keine weitere Baumpersenning nötig.

Eine Persenning habe ich, also brauche ich nur diese Strippen. Aber: Schaut man im gängigen Handel, dann findet man sowas:

Hundertdreissig Taler?!? Meine Herren, da wird mit der Gabel kalkuliert. Dafür bin ich nicht nur zu geizig, sondern auch zu pfiffig und zu geschickt: Lieber habe ich einige Abende darüber gegrübelt (mache ich so wie so), und dann beim Online-Auktionator erst 30m weisse 6mm-Leine bestellt und dazu Fender-Ösen. Kennt ihr die? Die sehen aus, wie Kinder einen Hut malen würden. Die gibt es in verschiedenen Größen. Die ich benötigte, kosteten mal gerade 1,00 Euro per Stück. Und weil für sowas immer Bedarf ist, habe ich gleich sechs Stück bestellt. Macht an Gesamtkosten fürs Material: ca. 16,00 Euro. Ha! Haha!

Heute habe ich das dann, wie üblich „eben schnell“, montiert.
Schwierigkeit Nummer 1: Natürlich hatte ich nicht mehr genug 4mm-Poppniete, die geeenau richtig für Fenderöse und Baum wären (und es war Sonntag, nix Hornbach). Also musste eine Nummer kleiner auch reichen. Drei verschiedene Grössen konnte ich zusammensuchen, die habe ich dann logisch so auf die beiden notwendigen Fenderösen verteilt, dass beide ähnlichen Belastungen standhalten (sollten).

Schwierigkeit Nummer 2: Die richtige Position der Ösen unterm Baum zu finden. Ich hatte ja, auf Grund meines einfachen Konzeptes, nur zwei Anschlagpunkte zur Verfügung. Aber ich wusste schon, dass ich nicht (wie im Bild oben) so weit hinten einen Punkt benötige. Und nahe am Mast kann das Segel auch kaum weg. Also habe ich empirisch ermittelt; durch Finger hinhalten und peilen. Die beiden Ösen anpoppen war dann kein Problem. Der nächste Schritt schon eher:

Schwierigkeit Nummer 3: Zielgenaues Werfen.
Üblicherweise hängen bei „gekauften“ Lazy Jacks von den Salingen links und rechts Blöcke, in welche man die Lazy-Leinen einscheren kann. Diese Blöcke habe ich ja nicht und musste hier improvisieren. Meine Salinge sind in einigen Metern Höhe. 5m bestimmt. Meine Idee: Ich werfe die Leine nahe am Mast über die Saling. Ganz einfach.
Dazu muss man meinen geplanten Weg dieser Leine kennen: Mit Palstek an die vordere Öse unterm Baum fest, über die Saling, zur hinteren Öse, da auf die andere Seite des Baumes, wieder über die (andere) Saling und zurück zur vorderen Öse unterm Baum.
Der Hintergedanke dabei: Meine Salinge stecken in Buchsen, und darin Schrauben mit Muttern, welche die Saling fixieren. Wenn ich mit meiner Leine nahe an den Mast komme, dann sichert diese Schraube meine Leine gegen nach-aussen-wandern. Aber werfe mal eine Leine so, dass das auch so kommt!

Zeichnung vom Plan im Logbuch…

Zum Glück hat jeder Segler immer irgendwo einen Golfball rumliegen, so auch ich. Diesen packte ich in eine kleine Socke. Um die Socke befestigte ich meine Leine mit einem Gordingstek. Klingt Angeberisch, aber dieser Knoten ist so Pupskram wie Wirkungsvoll: Ein Gordingstek ist ein Webleinenstek (den wir verwenden, um z.B. einen Fender an der Reling zu befestigen) um seine eigene stehende Part. Damit hat man eine Schlinge, die man zuziehen kann (keine feste Schlinge wie beim Palstek). So hatte ich ein Gewicht an meiner Leine, welches ich werfen konnte.
Ich war ganz erstaunt, denn schon nach wenigen Versuchen (nicht mehr als fünf) flog der besockte Golfball dahin, wo ich wollte. Dann bedarf es noch einiger Wedelarbeit, damit die Leine über die Saling-Schraube nahe an den Mast kam. Das war wichtig, um sowohl die Weite der Lazy Jacks so eng wie möglich zu halten als auch die aufkommende Belastung gut abzuleiten.
Die andere Seite hatte ihre eigenen Tücken, aber es klappte im Grunde genauso flott.

Nun zog ich das Gross hoch. Der Wind kam fast von vorn, das war doch ein guter Test. Wie üblich muss man dann noch die Dirk lösen, der Groß-Schot lose geben und wieder dichter holen, aber mit dem Traveller konnte ich beide Seiten testen. Wichtig ist ja die Länge dieser LazyJack-Strippe: Ist sie zu lang, bringt sie nix.
Ist sie zu kurz, wird der Bauch des Segels eingeschnürt, das will man ja auch nicht. Aber zumindest am Steg ging das ausgezeichnet.
Arbeitsaufwand: max. zwei Stunden (eher weniger)

Vielleicht funktionierte das auch so gut, weil ich mir noch was dazu ausgedacht habe: Ich musste ja die Leine noch auf Maß ablängen, aber wollte auf keinen Fall gleich zu viel abschneiden. Ich bin mit der Leine nicht zwischen den Ösen hin und her, sondern: Ich  habe den Tampen durch einen Gummi-Zeising geschoren, den ich an der hinteren Öse befestigt hatte (zu diesen Zeisingen sollte ich mal einen eigenen Artikel schreiben), dort ein paar mal mit der Leine „hin und her“ und dann mit einem Stoppersteg um sich selbst befestigt.
Auf jeden Fall macht dieser Gummistropp das Ganze variabel, das gefällt mir: Er hält die Leinen etwas straff, aber wenn des System mehr Weg braucht, dann kann man hier ziehen lassen. Falls sich das aber als Unfug rausstellt, kann ich das Gummiband auch leicht wieder entfernen.
Im Bild hier zeigen die Pfeile auf die Ösen, man sieht den roten und blauen Knopf des Gummizuges und mit genauem Gucken auch den Stopperstek, der die Leine (erstmal) sichert:

Nun warten wir auf die Erprobung auf See, der nächste Urlaub naht! Spannend wird es noch beim Setzen des Segels, dass sich da nix vertüdelt (immerhin vier Latten im Segel). Und auf die Führung des Grossfalls muss man nun auch noch mehr achten.

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