(Teil 1 hier)

Wir konnten eine ganze Weile mit dem Blister fahren und das war auch gut so, um unseren Schnitt wieder zu erreichen: Auf dem Stück vorher kamen wir oft genug unter 3 Knoten und nun brauchten wir ein ganzes Stück die guten 4, mit denen wir über die Ostsee gezogen wurden.
Um aber um die Halbinsel Darß/Zingst zu kommen, musste unser Kurs dann doch wieder etwas nördlicher werden und das war dann zu hoch für das Leichtwindsegel. Zumal ich ihn ja nicht ganz durchsetzen konnte, sonst hätte es bestimmt noch für ein paar Grad gereicht. So fiel nun doch immer wieder das Vorliek ein und ich konnte nichts dagegen tun, außer auf ungewünschtem Kurs zu fahren. Also barg ich das schöne bunte und praktische Tuch wieder und die Genua wurde erneut ausgerollt. Und die kam auch gleich wieder runtergerauscht!? Ich erkannte es gleich: Die Fock wird ja, wie unser Groß, durch eine Mastwinsch hochgeholt und -gehalten und dort hatte sich die Bremse gelöst. Es war durchaus denkbar, dass ich beim Blistergetüdel da „mal eben“ einen Tampen befestigte… also wieder an den Mast, das nasse Segel wieder hoch, Bremse rein und so tun, als wenn nichts wäre. Immerhin konnten wir mit der 130%-Genua jetzt höher an den Wind. Dadurch nervte die Dünung nicht mehr so sehr und wir machten auch wieder etwas über 3 Knoten Fahrt. Ich machte uns noch eine leckere Dose Graupensuppe warm. Was warmes zu Essen ist toll! Da war es so ca. 20:00 Uhr.

Wir hatten uns spontan ein schwammiges Wachsystem ausgedacht, denn wir mussten ja nicht beide die Nacht durchmachen: Um 22:00 legt sich einer unten hin, rollt sich in die warme Decke und pennt. Der andere bleibt im Cockpit und wacht. Und wenn er nicht mehr kann – egal ob zwei, drei oder vier Stunden – dann wird der andere geweckt. Angela muckelte sich zu erst ein.
Ich blieb mit ein paar Kissen und einer dünnen Decke im Cockpit und konnte schon das Leuchtfeuer „Darßer Ort“ sehen. Das würde mich die nächsten Stunden begleiten. Da unser Wendepunkt oben beim Darßer Ort so um die 34 sm entfernt war und wir um die 3 Knoten fuhren, koppelte ich den Punkt als Standort für 0:00 Uhr. Und das kam auch sehr gut hin! Die beiden Kardinaltonnen W und O kamen auch langsam in Sicht. Beide blinkten sich so langsam über die Krümmung des Horizontes und deswegen konnte ich die 9 West-Blinks auch zu Beginn nicht vollständig auszählen… Nachts fahren ist spannend und entspannend zu gleich!
Die beiden festleuchtenden Hafeneinfahrtstonnen vom Darßer Ort kamen auch bald in Sicht… aber nein: Wir machten gute Fahrt, warum sollten wir da rein? Hier war es aber dennoch Zeit für eine Kursänderung: fuhren wir bisher um die 51 Grad, mussten wir hier auf 74 Grad schwenken, um auf den Nordzipfel von Hiddensee und die Zufahrt dahinter zu halten. In der Ferne sah ich schon den Leuchtturm Dornbusch mit seinem trägen Signal und hätte weder Plotter noch Kompass gebraucht, um den richtigen Kurs zu finden. Aber wenn wir dort sind, wird es schon hell sein!

Nun war es bereits nach 1:00 Uhr und ich weckte Angela vorsichtig. Sie war flott „wach“ und ich liess ihr die Zeit, um wieder in die „Plünnen zu kommen“. Als sie ins Cockpit stieg, da zeigte ich ihr Kurs und Leuchtfeuer und den nördlich aufgetauchten Windpark, der mit roten Lichtern Boote von sich fern hält. Wir kamen dem nicht nahe, lag auch nicht auf unserem Weg. Bald dann krabbelte ich in die noch warme Koje (schööön) und schlief wohl schnell ein. Wie es beim Schlafen so ist: Mir kam es gar nicht lange vor, da wurde ich doch von irgendwas geweckt. Licht schien durch den Niedergang: Es war schon hell! Angela hat mich vier Stunden pofen lassen, „weil ich so schön schnarchte“. Siehste, schnarchen lohnt sich 🙂

Zum Frühstück gab es Kaffee und Frikadellenbällchen mit Senf. Und wir segelten immer noch mit „um die drei Knoten“. Angela hatte zwischendurch das Vorsegel etwas eingerollt, weil es zu sehr hin und her schlug, aber der auffrischende Wind glich das aus.
Dann sahen wir die Nordseite von Hiddensee mit dem imposanten Leuchtturm näher kommen, wir fuhren vorbei und fanden auch die Ansteuerungstonne, um ins betonnte Fahrwasser einzubiegen. Alles noch unter voller Besegelung! Östlich von Hiddensee war es sogar so, dass die Dünung nachliess und wir mit halben Wind an die 5 Knoten Fahrt über den Tonnenstrich machten. Uns kamen in diesen Morgenstunden – wie spät war es, sieben Uhr nochwas? – viele Fischer und auch so mancher Segler entgegen. Bis zum Ende dieses Fahrwassers ließen wir die Segel stehen. Die nächste Kursänderung an der grünrotgrünen Tonne führte in den Wind: Die Gelegenheit, das Groß runter zu nehmen und zu verzurren. Die Fahrwasser östlich von Hiddensee sind zwar sehr gut betonnt aber auch sehr schmal. Nur fünf Meter zur Seite und man hat statt 2,5 Meter nur noch 0,25 Meter Wasser unterm Kiel. Schwäne gucken einem stehend beim Fahren zu.
So folgten wir dem von uns gewählten Weg hoch bis Kloster. Dort fanden wir den Hafen zwar gut belegt vor, aber Dank der frühen Stunde mit noch einigen freien Plätzen. Vermutlich lagen dort vorhin noch die, die uns gerade eben entgegen kamen 🙂
Das Anlegen war völlig unproblematisch: Die Box lag im Wind, also reingefahren, aufgestoppt und fertig. Der Nachbarlieger – gerade beim Frühstücken – bot sich an, die Leine per Hand über den Dalben zu legen.

Es war 9:32 Uhr, als ich den Motor ausmachte und es war der morgendlichen Stunde geschuldet, dass wir auf den Anlegeschluck verzichteten… wir klarierten erstmal das Schiff und kurierten dann unseren Jetlag.
Schön hier in Kloster auf Hiddensee!

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