Dreimal dürft ihr raten: Natürlich wurde nichts aus unserem Plan. Wir sind am Mittwoch recht früh aufgestanden und muddelten an Bord rum, damit wir rechtzeitig – also so gegen 8:30 Uhr ablegen können, um über das Baltrumer Wattenhoch zu kommen. Wir wissen: Das ist immer knapp, aber wenn es passt, dann passt es.
Die simple Rechnung: Das Wattenhoch hat 1,60m Tiefe bei MHW. Bei einem Tidenhub von 2,50m können wir also so grob eine Stunde vorher rüber. Aber wie immer: Erst gucken, was das BSH bzgl. des Wasserstandes sagt. Der lautete „… 0 bis 3dm weniger“. Ihr ahnt schon: Das wird kniffelig. 0 und 1 ist kein Problem. bei 2dm weniger müssen wir halt so fahren, dass wir um Hochwasser am Wattenhoch sind und rüber rutschen. Bei 3dm weniger hilft nix, dann passt es nicht mit unserem Tiefgang. WENN die Angaben alle so stimmen. Soweit die Mathematik. Vielleicht läuft doch etwas mehr Wasser auf? Es war doch eine Woche Westwind! Außerdem ist die Nippzeit gerade vorbei. Und vielleicht ist das Wattenhoch doch etwas tiefer? Die ganze Rechnerei in Ehren: Hier vertraue ich auch gern meiner Erfahrung und meinem Gefühl. Hat ja erst neulich bei Borkum wunderbar geklappt. Und jetzt kommt eben die Realität bei all der Planung: Der Baltrumer Hafen ist von einem schützenden Steindamm umgeben. Als wir hier ankamen, so eben um Hochwasser rum, da war dieser Damm ziemlich vom Wasser überspült. Und heute morgen, wo wir gleich los wollen? Da gucken bestimmt noch 30cm vom Damm heraus. Keine Stunde mehr bis HW, so viel läuft da nicht mehr auf. Und nun? Angela und ich sind schon startbereit. „Also doch noch hier bleiben?“ fragt sie. „Nä, ich will weiter…“, sagte ich.
Da fackelten wir nicht lange: Ablegen und zurück über das Norderneyer Wattenhoch! Während wir uns in den Weg einfädeln, unterhalten wir uns über die Optionen. Denn irgendwann hat man auch mal genug von Norderney. Aber was solls: Es ist früh am Tag, Die Tide läuft gerade erst ab, die Sonne scheint und es soll nur leichte Winde geben. Ha Ha! Stumpf fahren wir an der Hafeneinfahrt vorbei, Richtung Seegatt. Das Dovetief wird heute garantiert nicht so Wellenüberlaufen sein wie beim letzten mal (wie lange ist das eigentlich her?). Unser neuer, spontaner Plan: Wir werden einfach außen an allen Inseln vorbei fahren und in die Jade rein! Durch eines der Gatten nach Lange- oder Spiekeroog können wir nicht, wegen dem ablaufenden Wasser, also heiter weiter. Die Idee dahinter – denn nach Hooksiel wollen wir noch nicht, wir haben doch erst Donnerstag: Bei Minsener Oog ankern! So eine Gelegenheit kommt nicht so schnell wieder, wann haben wir mal so ein Sommerwetter? Nun sahen wir also den Leuchtturm von Norderney an einem Tag von allen Seiten… kurz hatten wir auch die Idee, Helgoland anzusteuern, was nie verkehrt ist, aber der wenige Wind passte da nicht zu. Immer motoren ist auch doof.
Und was sind wir schön gesegelt! Zu Beginn liessen wir noch immer die Maschine mitlaufen, weil der Wind sehr schwach und sehr vorlich war. Aber die Segel waren draußen und brachten uns gegen das ablaufende Wasser noch gute Fahrt. Es sei aber erwähnt: Da draußen vor den Inseln strömt es nicht so stark wie in den engeren Gebieten. Unser Kurs drehte etwas und wir konnten nun fein am Wind segeln. Das Wasser war so ruhig! Und die Inseln sind so herrlich unspektakulär von außen. Abwechselnd begaben Angela und ich uns aufs Vorschiff und genossen die Geräusche des Wassers, welches vom Rumpf stetig zerteilt wurde. Unbezahlbar! Ich konnte uns sogar währenddessen eine warme Mahlzeit bereiten, Segeln macht hungrig.
Nicht nur am AIS, auch mit bloßem Auge sah man viele Segelyachten dort draußen. Schön, wenn so viele die Gelegenheit wahr nehmen. Als wir in die Jade einbogen, da hatten wir den Wind genau achterlich. Wie spät war es mittlerweile, 17:00 Uhr? Wir rollten die Genua rein und guckten, wo wir uns wohl hinlegten. Und genau an der Stelle, die ich mir in der Karte ausgeguckt hatte, lagen schon drei Segelboote vor Anker! Na, ich weiss, was die vorhaben: Die sind schön mit dem ablaufenden Wasser aus der Jade gefahren und warten nun hier, bis wieder genug Tide aufläuft, um über die Prickenwege bis nach Wangerooge zu kommen.
Nach 47sm gesegelten Meilen ankerten wir auf ca. 5m Wassertiefe. Damit sollten wir bei Niedrigwasser genug Puffer haben.
Fortsetzung folgt 😉