Heute war der Termin für die fünfte Wettfahrt der Hooksail-Mittwochsregatta. Vermutlich, weil unser letzter Urlaub und mein Aufenthalt an Bord schon eine kleine Weile her ist, hatte ich schon Tage vorher voll Bock, daran teilzunehmen. Warum auch nicht, wir sind ja gemeldet und haben die entsprechende Flagge.

Ich musste mir die Zeit beruflich etwas freischaufeln, aber dafür stand ich schon um kurz nach halb fünf parat. Angela auch, also düsten wir los. Gefühlte Zeit ergibt die jedem bekannte Phrase: Je öfter man immer den gleichen Weg fährt, desto länger kommt er einem vor. Auch heute. Wir eierten über die Autobahn, schnackten über den Alltag und das Ziel näherte sich wie durch ein Fernglas, das man falsch rum benutzt.
Ach was, wir kamen noch vor halb sechs an, gingen an den Steg und auf die Swantje. Gepäck gab es so gut wie keines und Boris war auch schnell von der Reling abgetüdelt. Der durfte am Steg warten. Im „Boot klar machen und flott ablegen“ haben Angela und ich echt Routine. Jeder macht, was notwendig ist, ohne das wir viel reden müssen. Zur Schleuse braucht man – wie ihr wisst – ca. 20 Minuten. Ich fuhr nen Knoten schneller, man weiss ja nie. Auf dem Weg klarierten und tüdelten wir, der Rest wie Weste anlegen etc. kommt dann in der Schleuse.
Und relativ kurz vor der Schleuse sahen wir, wie die Brücke hoch ging. Also wird nun raus geschleust. Ein Blick auf meine Armbanduhr: 17:48 Uhr. Hm, da ist die Schleuse wohl früh voll. Naja, er würde ja wohl noch mal schleusen. Ein Blick von uns nach hinten: Da kam keiner mehr. Normalerweise sieht man immer noch ein Boot, welches sich schnell der Schleuse nähert. Dieses mal nüschts. Nochmal: Hm.
Ich war mir sicher: In diesem Moment hatten Angela und ich die gleichen Gedanken: „Dann eben nicht“. Ich versuchte, genau dieses möglichst diplomatisch in Worte zu fassen und überliess Angela die Entscheidung: Wir warten hier auf die nächste Schleusung oder wir kehren um, gehen ins Ahoi, betrinken uns, schlafen an Bord und fahren morgen früh selig nach Hause?!
Ihre Entscheidung war ein Mittelding aus den Optionen: Sie legte die Pinne um und wir rollten die Genua aus, der NO-Wind sollte gut passen.

Hier muss ich Erzähl-technisch mal eben reingrätschen: Was ihr als treue Leser vermutlich bisher nicht wisst: Letzte Woche waren wir bei unserem Lieblings-Segelmacher und brachten ihm sowohl unsere Lazy Bags als auch unsere Fock. Zum Nachnähen, neuer Reissverschluss, so Sachen. Im Sommer haben Segelmacher Zeit für sowas. Und die Dinge fehlten natürlich nun auf der Swantje. Der aktuelle Wind war gar nicht schlecht für die Genua, aber da gibt es an Bord eine Kniffeligkeit: Weil ja das Stag der Fock kurz hinterm Genua-Stag sitzt, müssen wir für jede Wende entweder die Genua durch den relativ schmalen Spalt holen oder sie ein- und wieder ausrollen. Segelt man mit zwei, drei Schlägen nach Helgoland, ist das kein Thema. Aber bei der Regatta möglichst nah und schnell die Tonne kriegen und und runden, das ist Olympia-Style. Besonders bei nördlichen Winden, wie es heute war. Da waren die fehlenden LazyBags egal, die sind ja erst nach der Regatta relevant.

So. Angela hatte unseren Kurs um 180 Grad geändert, die Genua stand. Bei ca. 7 Knoten Wind (Knoten, nicht Bft!) nahm Swantje langsam Fahrt auf und wir waren kurz vor vier (Knoten). Wer aber das Hooksmeer kennt, der weiss: Keine Sorge, der Wind ist gleich weg. Man kommt in die Abdeckung der hohen Bäume, der Wind ist wo anders und man kann froh sein, wenn der Schwung einen bis zur nächsten Lichtung trägt. Auf Höhe des FKK-Strandes dümpelten wir bestimmt… zehn Minuten, mit optimistisch geschätzten 0,7 Knoten.

Aber ich genoss es! Ich stand an der Pinne (zwischen meinen Beinen), die Sonne schien von vorn und wir machten wenig Fahrt. Ich hätte ewig so weiter segeln/ dümpeln können. An den Lichtungen kamen wir auch auf 2 Kn und mehr und so hangelnden wir uns tapfer durch. Ich musste an unsere Anfänge mit der Slocum hier denken und lächelte. Das war entspanntes Segeln! Axel winkte erneut, als wir am Liegeplatz der Kairos vorbei kamen.
Wie wir uns unserem Liegeplatz näherten, kam mir die Idee, mal das Anlegen unter Segeln hier zu probieren. Leichte Winde, viel Zeit = kein Stress. Als wir – immer noch unter Genua – in die Boxengasse einbogen, startete ich dennoch den Motor. Der lief nun im Leerlauf mit, für alle (blöden) Fälle. Ich kam auch bis zehn Meter an die Box heran, aber die umstehenden Bäume und Büsche bremsten und drehten den wenigen Wind so sehr, dass die letzte Böe fehlte, um uns reinzupusten. Okay, ein Gas-Schub tats auch. Währenddessen rollte ich das Vorsegel ein. Angela war schon auf dem Steg, noch bevor ich aufstoppte, prima. So hätten wir auch in die Vorspring eindampfen können (statt unter Motor aufstoppen), hätten wir genug Fahrt durch den Wind gehabt. In wenigen Minuten klarierten wir alles und gönnten uns anschliessend ein frisches Carlsberg aus der Kühlbox. *Kling*, was für ein schöner Segeltag, den wir ohne Hooksail nie erlebt hätten! Angela machte den Logbucheintrag, sie war ja Skipper of the Day.

Irgendwann auf dem Rückweg im Auto stellten wir fest: „Jetzt ist gerade die Regatta zu Ende!“. Auf Angelas Handy rasselten pünktlich die Ergebnisse ein. Immerhin waren wir nicht letzter.

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