Gestern (Samstag) brachen wir unseren Versuch ab, von Helgoland nach Cuxhaven zu kommen. Würden wir heute (Sonntag) nicht starten, können wir hier gleich bis Dienstag warten. Moment, watt sacht der Wetterbericht??? Nee, nä? Sieben in Böen? Warum nicht!
Es soll ja aus West wehen. Also schön raumschots. Auf jeden Fall nicht mehr als halber Wind. Am Steg traf man sich und jeder kam mit so ziemlich jedem ins Gespräch. Gestern wurden wir uns schon mit Ralf (er hat hier einen Liegeplatz) einig, dass heute wohl ein einigermassen guter Tag wäre. Zumindest die Rahmenbedingungen passen, wenn auch die Basisdaten eigentlich eine Nummer zu hoch ausfallen. Heute legten auch die Hooksieler ab, die gestern noch reingekommen sind. Alles große Boote, 12m, etliche Tonnen Verdrängung und so. Ein anderer sprach mich an, als ich schon in Segelhose am Steg unser Kabel aufrollte. Wir wollten los? Wohin denn? Die üblichen Fragen halt. Er hatte einen etwas unsicheren Gesichtsausdruck und erzählte, er müsse wieder nach Hooksiel, aber man hörte von Gale warning und so Sachen, gar nicht gut. Ich machte ihm Mut: Ach was, halber Wind ist doch super! So schnell warst du noch nie wieder in der Jade! Guck, die anderen fahren auch! Und: Nein, wir wollen nach Cuxhaven und ja, wir machen das. Liegen schon lange genug hier, es muss weitergehen usw.
Dabei war ich mir im tiefsten Herzen nicht sicher, ob ich das wirklich machen will. Gestern war die halbe Meile Schaukelei schon Scheisse genug, aber da war der Wind auch… Nee, doch, wir machen das heute! Meine Zweifel sprach ich gegenüber den Stegkameraden natürlich nicht laut aus, doch so oder so war ich mir sicher: Wir fahren los, soll mal mein innerer Schweinehund das Salz der Nordsee schmecken! Genauso insgeheim wie meine Zweifel waren, wusste ich: Wenn wir erst einmal ein Stück weg von Helgoland waren, gab es kein zurück. Bei den Bedingungen ist Umkehren die noch schlechtere Wahl! Diese Feststellung sollte selbst der „größten Landratte“ unter den Lesern hier eine Vorstellung geben, mit welchen Optionen wir pokerten.
Siehe Bild, das sind die realen Messdaten laut Windfinder.com. Die eigentliche Vorhersage war etwas „milder“. Mag sein, dass es südlich von Helgoland nicht ganz so kräftig kachelte. Gefühlt war es aber echt so dolle. Und die Wellen… ich werde sie gleich noch erwähnen.
Die Yacht, die vor uns am Steg lag, wollte auch nach Cuxhaven. Mein Vorschlag: „Ich fahre dir im Kielwasser hinter her“ konterte er mit: „Wenn ihr eher startet, dann überhole ich euch!“. Klar, der hatte bestimmt drei Rumpf-Meter mehr, Länge läuft. Außerdem war er echt Langfahrterfahren und auch entsprechend ausgerüstet. In dem Moment passte es ganz gut, dass sich ein Forums-Kamerad (SF) am Steg einfand und mich begrüßte. Wir schnackten kurz in kleiner Runde und es stellte sich raus, das der eine da hin wollte, wo der andere vor kurzem war: Richtung Biskaja und weiter, wo die Orcas am Ruder knabbern würden. Das war sehr interessant, passt aber gerade nicht in meinen Urlaubs-Rahmen. Nur so viel: Gute Fahrt, AufundDavon!
Auf irgend eine innere Stimme hörend ging ich noch zum Duty Free und holte mir eine Buddel Veterano. Die packte ich an Bord unter mein Kopfkissen, weil alles andere schon mehr oder weniger gut verstaut war. Die Kuchenbude war längst weggebaut und die Teile lagen nur noch im Salon, weil sie auf Grund des morgendlichen Regens nicht ganz trocken waren. Der Cuxhavener, der eine Bootslänge vor mir lag, hatte sogar schon abgelegt. Nun gab es kein Rumdrucksen mehr, es geht los! Nette Segler am Steg boten ihre Hilfe beim Ablegen an, Heck oder Bug wegdrücken, so Sachen. War nicht notwendig, aber den ein oder anderen Festmacher konnten sie bitte gerne loswerfen. Ich gab das Kommando „Vorleine los“ an Angela, ich zog uns mit der Heckleine etwas an den Steg, der Bug trieb ab, ich gab Gas und weg waren wir. Ich glaube, die am Steg zurückbleibenden Segler waren fast ein wenig enttäuscht ob der fehlenden „Action“. Nee, sowas können die bei sich selber machen.
Wir wollten nur mit der Fock fahren. Bei 30 Knoten Wind wird das reichen. Ganz langsam fuhr ich durch den Südhafen, damit Angela alle Fender und Festmacher einholen kann (sie möchte das so, das übt). Und die Fock rollten wir auch schon aus. Dann ging es raus. Voraus sah ich noch unseren anderen Segler und fuhr ihm stumpf nach, nachdem ich feststellte, dass er nicht totalen Blödsinn fuhr. Auf jeden Fall folgte er nicht den Fahrwassertonnen sondern ging gleich auf Kurs Richtung Zulu-Pegel. Sollte mir recht sein. Der einzige Haken: Hier war es mit knapp 9m echt noch flach, die See war hackig. Und auf diesem Kurs würde es noch einige Zeit flach bleiben. Obwohl wir unsere Windsteueranlage schon im Hafen vorbereitet hatten, blieb ich erstmal an der Pinne. Und das sollte die nächsten vier Stunden auch so bleiben.
Und weil ich wieder so viel geschrieben habe, wird das auch wieder ein ZweiDreiteiler.