(Teil 1 dieses Berichts ist hier)
Wer als Unerfahrener mit dem Finger auf der Landkarte prüft, welchen Weg über die Deutsche Bucht wir in etwa genommen hatten, könnte enttäuscht sein: Das kurze Stück, und dann gleich in die Elbe? Stellt euch mal nicht so an!
Nur Segler, die das schon mal gemacht haben, die schweigen im Wissen, wie es da zugeht. Natürlich hatten wir auch schon Törns, wo wir auf Ölglatter See nach und von Helgoland gefahren sind. Aber es ist eben nicht immer so. Wie auch immer: Wir verließen den Südhafen, und gingen grob auf Kurs 120°. Grob, weil man den bei diesem Seegang einfach nicht stur halten kann. Zu Beginn versuchte ich noch, jede große Welle auszusteuern: Wenn sie von schräg hinten unters Boot durchrollte, zielte ich auf ihren Kamm, fuhr die Welle quasi hoch und vorm Wellental gab ich Gegenruder, damit wir nicht zu sehr in den Surf kamen. Bergab waren wir bis zu 8,5kn schnell! Ich wollte mit dem Aussteuern dafür sorgen, dass wir nicht quer zur Welle kamen und die nächste uns dann umschmeissen könnte, nee nee. Das bedeutete aber auch immer Kursänderungen von 20° und mehr zu jeder Seite, wobei ich immer darauf achtete, nicht zu viel Höhe zu verlieren. Hat man das erstmal außer Acht gelassen, wird es mit jeder Meile schwieriger, sich diese zurück zu holen.
Irgendwann hatte ich raus, welche Wellen die Swantje quasi von alleine meistert und ich reagierte nur noch aktiv, wenn eine besonders hohe Welle kam. Und das waren Oschis! Wenn man oben auf dem Kamm ist, dann guckt man voraus etliche Meter in die Tiefe…. Nee, ich schaute lieber nach vorn, um den vorweg fahrenden Segler nicht aus den Augen zu verlieren. Zum Glück fuhr er uns nicht so schnell davon, wie zunächst befürchtet. Bei jeder zweiten, dritten Welle konnte ich ihn sehen. Apropos Wellen: Beim SKS lernt man was über die „charakteristische Wellenhöhe“ (=Durchschnittliche Wellenhöhe des höchsten Drittels aller Wellen). Das bedeutet: Im Mittel ist so circa jede neunte Welle wesentlich höher als die anderen. Und: Das kommt ziemlich gut hin! Das Ruder bediente ich hauptsächlich über mein „Popometer“, denn man merkt besser, wie man reagieren muss als man es sieht. Desweiteren achtete ich darauf, nicht nach hinten zu schauen. Es reichte, wenn ich aus den Augenwinkeln eine hohe Welle neben mir(!) heranrollen sah.
Die nächste Herausforderung auf See: Es gibt keine Landmarken, an denen man sich orientieren könnte. Man kann erstmal nur nach Kompasskurs fahren und hoffen, das man nicht zu sehr abdriftet (Bei Bedarf schreibe ich darüber gern einen eigenen Artikel). Ich nahm als Kursanzeige unsere GPS-Logge. Die ist gut sichtbar montiert und die Grad-Anzeige reagiert etwas träge, das ist praktisch. Ganz im Gegenteil zum wild um sich drehenden Kugelkompass, der einen beim etwas längeren beobachten nur wuschig macht.
Irgendwann sahen wir dann manchmal, von einem Wellenberg, Frachtschiffe in der Ferne. Das verwirrte mich etwas. Da konnte doch nicht das Fahrwasser der Elbe sein? Dann stellte sich raus: Die lagen vor Anker, auf Reede. Super! Das bedeutet zum einen: Wir sind gut auf Kurs, denn wir wollten knapp links vorbei an der Reede. Und zum anderen hat man nun einen Anhaltspunkt zum steuern, das hilft sehr. Die Wettervorhersage hatte angekündigt, dass es „später“ ruhiger werden würde. Wann das wohl der Fall sein wird? Erstmal baute sich genau voraus eine dunkle Wolkenwand auf. Uiuiui, da steckt noch mal Wind und Wasser drin. Na gut, das gibt jedenfalls keinen Sonnenbrand. Stoisch fuhr ich weiter, hielt die Pinne fest in der Hand (der Ruderdruck war aber nicht besonders hoch), verkeilte meinen Fuß in der gegenüberliegenden Ecke vom Cockpitboden und mit Schulter und Arm umschlang ich abwechselnd, je nach Schmerzen, entweder den Bügel vom Bimini oder die Winsch. Ich musste ja am Boot vorbeigucken und auch dafür sorgen, dass mich die Wellen nicht hin und her schmissen. Angela und ich hatten uns auch einen Lifebelt geteilt und diesen in die Öse im Cockit eingepickt. Ab und zu war eine Art Windpause zwischen den Böen, wo es nur mit 5 Bft wehte. Das nutzte ich immer zum entspannen von Beinen, Armen und Händen und durchatmen, bis das Pfeifen in den Wanten die nächste Böe ankündigte.
Bis wir uns den Frachtern näherten, dauerte es noch eine ganze Weile. Ich hatte den Zulu-Pegel vorher als Wegpunkt im Plotter eingegeben. So wusste ich stets, welche Distanz wir noch zurück legen mussten, um im „sicheren Elbfahrwasser“ zu sein. Wie sagte der Cuxhavener noch am Steg? „Wenn wir erstmal auf der Elbe sind, wird der Tidenstrom die See glatt ziehen!“ Na, da haben wir ja was, auf das wir uns freuen können. Zu Beginn zeigte der Plotter noch 18,7 Seemeilen bis zum Wegpunkt an, 119°. Lange Zeit konnte ich mir verkneifen, darauf zu gucken und als ich es das erstmal tat, da waren es nur noch 12sm. Bei unserem Tempo (durchaus 7kn im Schnitt) war das ja gar nicht mehr so weit! Aber das machte es nicht leichter.
So, jetzt wollen wir noch eben zur Alten Liebe spazieren, bevor es nach Glückstadt geht, deswegen schreibe ich später weiter. Es gibt also noch einen weiteren Teil vom Bericht dieser Überfahrt 😉