Hätten wir den Wetterhinweis auf CH71 um 13:35 eine Stunde eher gehört, wäre vermutlich alles anders gekommen. Heute sollte der Tag sein, an dem wir weiter reisen. NOCH sind wir im Gezeitengebiet und müssen unsere Fahrt entsprechend planen.
Ich wollte immer schon mal, seit ich von diesem Hafen weiss, hier liegen: In Brunsbüttel gleich (direkt!) neben den Schleusen für die großen Pötte. Bis hier, bzw. bis zum Wartebereich für Sportboote auf der Elbe sind es von Cuxhaven knapp 17sm. HW Brunsbüttel ist so gegen 18:00 Uhr. Also meine Überlegung: Wir werden das nicht in 2h schaffen, aber auch keine drei Stunden brauchen. Also: Spätestens 15:00 werden wir ablegen und losfahren, wenn wir eher starten ist das auch kein Problem. Laut Wetter-Apps und allem Gedöns sollte es kein schönes Wetter geben, aber son büschen Regen hält uns doch nicht auf!
Um 12:00 hatten wir noch unseren Testtermin in Cux (voll negativ), aber um nach eins waren wir so weit: Alles sichern, Klamotten an, Maschine an, Ablegemanöver besprechen, Funk an. Um 13:32 Uhr hatten wir abgelegt und drehten noch im Vorhafen Kreise, um zu bereden, ob wir gleich das Groß hochziehen oder…. da begann der Revierfunk pünktlich um h +35: Sicht im Revier gut, bla, Wind bei 1-2 Bft, Warn-Hinweis: Gewitterböen bis 7 Bft im Bereich Cuxhaven – Hamburg. Wir drehten noch einen Kreis. Echt jetzt?
Nix da, raus, wir wollen weiter! Schwupps, mit Schub durch die Einfahrt auf die Elbe und rechts abbiegen. Hinten kam ein riesiger Pott, oben war alles voller grauer, schwerer Wolken und vorn konnte man so gerade die nächste grüne Tonne sehen. Und dann kam der Regen. Wir wurden nass.
Hier möchte ich innehalten mit der Rumheulerei und noch navigatorische Hinweise geben: Ich hatte irgendwo gelesen und durch Prüfung von Seekarten selbst bestätigt, dass folgendes sinnvoll wäre: Raus aus dem Hafen und dann zügig das Fahrwasser queren, um auf der anderen Seite jenseits des roten Tonnenstrichs zu fahren. Weil: Dort ist im Gegensatz zur“grünen Seite“ enorm viel Platz und der Schwell von den dicken Pötten ist nicht so stark und wird auch nicht vom Ufer reflektiert. Angela brachte aber unsere WC-CheckIn-Karte zurück zum Hafenmeister und folgende Informationen mit: Der Hafenmeister rät davon ab, weil das wohl nicht gerne gesehen werden würde und sogar die WaSchPo das kontrolliert und schon mal Sportboote zur Rede stellt… ich konnte mir das gar nicht vorstellen, denn ausserhalb des Fahrwassers… KVR… das ist doch nicht verboten? Aber wir hören ja auf die Hafenmeister und ein gutes Argument hatte er auch: Auf der südlichen Seite hat man mehr Strom mit.
Und das war in der Tat so! Unsere Maschine lief zwar noch ziemlich volle Pulle, seit wir aus dem Hafen raus sind, aber nun hatten wir locker 8,5 Knoten drauf. Das bedeutet: Mit drei Knoten zieht uns der auflaufende Strom schon mal mit. Andere Segler hinter uns querten auch das Fahrwasser, wie ich es dachte, aber sie kamen nicht an uns vorbei.
Ach ja, das Großsegel: Wir zogen es nicht im Hafen hoch und wegen der vorhergesagten 7er Böen auch unterwegs gar nicht mehr. Im Nachhinein: Hätten wir machen können. Wieder Erfahrung gesammelt.
Kurz nach Otterndorf wechselten wir dann, irgendwann mussten wir ja mal rüber. Wir liessen noch zwei dicke Pötte durch und querten danach das Fahrwasser.
Da wussten wir es noch nicht, aber: Am Horizont konnte man schon Brunsbüttel sehen. Immer noch waren graue Wolken voller Regen hinter und vor uns, aber seit dem ersten dicken Schauer am Anfang blieben wir verschont. Und wir hofften, dass wir nicht im Regen schleusen müssten, denn das ist immer eine doofe und rutschige Angelegenheit. Schleusenerfahrung haben wir ja bei aller Bescheidenheit reichlich.
So ziemlich pünktlich erreichten wir den Wartebereich: Es waren 2,5 Stunden Fahrt, wir drehten um 180 Grad und fuhren exakt so gegen den Strom, das wir fast auf der Stelle blieben (100% kriegt man das nicht hin). Das Beste bis hierhin: Seit wir an der Kanal-Einfahrt vorbei fuhren, schien die Sonne, nix mit Regen!
Wir konnten den Signalturm sehen und warteten brav, ob bald ein unterbrochenes weisses Licht gezeigt werden würde, lauschten CH13 und mischten uns nicht weiter ein. Erstaunlicherweise waren wir die einzigen in der Wartezone. Ich hätte erwartet, dass hier immer irgend ein Sportboot rumdümpelt… irgendwann gesellte sich noch ein Segler dazu, der gleich vor der Einfahrt wartete.
Um 16:23 Uhr, keine halbe Stunde nach Ankunft, sprang das Licht um. Es gibt vier Schleusenkammern (die fünfte ist in Arbeit) und ich hatte keinen Schimmer, wo ich rein sollte. Funk war tot. Aber der andere Segler schoss voraus und wir versuchten, gegen den Strom Fahrt zu machen, ihm zu folgen. Die alte Süd war dann unsere! So, wie die meisten Unterlagen das auch beschrieben. Die ganze riesige Kammer nur für uns zwei Segler. Auf beiden Seiten der Kammer sind „Schwimmstege“. Eigentlich nur fettefette Holzbalken, die an Ketten auf und ab gleiten. Mit Gitterroste belegt und Ringen statt Klampen, um festzumachen. Ringe, das bedeutet: Man hat keine Chance, eine Leine darum zu werfen und muss zwingend von Bord auf diese Balken (immerhin ausreichend breit), um die Leinen durch die rostigen Ringe zu ziehen und zurück an Bord zu führen. Aber das wussten wir ja vorher.
Ich weiss nicht, wann das Schleusen begann, aber um 16:45 Uhr war das schon fertig, die Tore gingen auf. Ein Lichtsignal fanden wir nicht, aber der andere Segler gab schon Gas, also warfen wir die Leinen los und fuhren auch raus. Es gibt immer ein Klingeln, wenn die Tore aufgehen, das muss wohl als Signal reichen.
Ta-taaaaaaaa: Tschüss, Gezeitenrevier! Nun mussten wir nur noch an den drei anderen Kammern vorbei, um zum kleinen Sportboothafen zu kommen. Die Sonne schien, schon in der Schleuse zwitscherten die Vögel! Als würde man von der Schleuse ins Hooksmeer fahren…. 😉
Die nördliche Seite im Hafen war schon gut von Sportbooten belegt (jeder mit großzügig Abstand zum nächsten). Der anderer Segler und wir legten dann an der vollständig freien anderen Seite an. Und hatten Sonne bis zum Schluß 🙂
Als wir fest waren und das Schiff klar, da gingen wir das erste mal seit laaangem Essen. Ich hatte Spargel mit Wiener Schnitzel und Angela Putensteaks, gegrillt. Und das Bier!
Zusammengefasst: Wenn man kein Wetterschisser ist und sich an die Planung hält, dann sind die 17 Meilen auf der Elbe nur ein kleiner Schlag. Auf der Elbe segeln ist bei besserem Wetter sicherlich schön. Und die NOK-Schleusen funktionieren genau so, wie sie es sagen (Man muss die nicht anfunken und irgendwas fragen!). Nach uns kamen noch drei Boote in den Hafen und fanden alle einen Platz ohne Päckchen, selbst die 57Fuss-Yacht… die hätte wohl an zwei Booten längs gehen müssen?