Heute sind wir von Wedel zurück nach Cuxhaven gefahren / gesegelt. Einen Schlag, den man eigentlich nicht am Stück macht, wenn man auf alle Ratschläge, Messwerte und eigene Erfahrungen hören würde. Aber wir sind offenbar irgendwie… anders.

Deswegen gleich vorweg diese Auflistung: Es stimmt nicht, dass….
… Ende August die heissen Tage vorbei sind.
… Fahrtwind einen immer abkühlt.
… Abend nicht doch Wind kommen kann, wenn den ganzen Tag blauer Himmel ist.
… man eher da ist, wenn man eher los fährt.
… im Amerika-Hafen nur bei Ost-Wind Schwell reinrollt.

Und nun gehe ich gerne auf alles ein. Erstmal die Törnplanung an sich, bzw. unsere Ausrede gleich am Anfang: Ja, wir wissen: Man sollte mit einer langen Tide die Elbe hoch und sich zurück dann schön Zeit lassen und in kleinen Etappen die Häfen kennenlernen. Da kann man dann auch mal zwei Stunden gegen an fahren, um im nächsten Hafen ggf. genug Wasser unterm Kiel zu haben. Aber: Wir hatten doch diesen längeren Aufenthalt auf Helgoland… diese Zeit fehlt uns natürlich jetzt.
Also musste ich spitz rechnen: Von Cux nach HH sind es 55sm, Wedel liegt 11sm davor. Hochwasser in Wedel sollte heute um 12:34 Uhr sein. Niedrigwasser in Cux um 16:20 Uhr. Klar, 44sm schaffen wir nicht in vier Stunden. Aber wir wissen doch: Es strömt bei Cuxhaven noch nach. Und aber bei Wedel nicht mehr so. Also sind wir etwas eher gestartet: Ca. ne gute Stunde vor Hochwasser sind wir in Wedel los. Wir würden ja dem Hochwasser entgegen fahren, denn je weiter wir die Elbe runter fahren, desto eher war dort schon HW. Um es vorweg zu sagen: Das klappte so weit auch ganz gut. Nun musste nur noch unterwegs alles weiter so passen und ich koppelte permanent im Kopf mit, wo wir waren, wie weit es noch war und wie schnell wir im Schnitt sein mussten, um vielleicht anderthalb Stunden nach NW in Cuxhaven anzukommen. So in der Art war das: Wenn wir die erste Stunde, die wir eher los fahren, so um die vier Meilen schaffen, dann sind es noch 40sm und vielleicht noch fünf einhalb Stunden, bis die Tide bei Cux kippt. Das wäre dann 17:20 Uhr.  Nach dieser ersten Stunde sollte uns gerne der Ebbstrom mitnehmen, um mit 7+kn Strecke zu machen. Diese 7kn brauchen wir für vier Stunden, dann können wir uns für den Rest der Strecke nur 5kn leisten und gerne sind wir zwischendurch schneller, weil dann hat man einen Puffer… und wenn ich ehrlich zu mir selbst war: Ich wusste schon, das dieser Plan nach hinten raus nicht gut aufging.
Und doch hat eigentlich alles gut gepasst, bis… auf den Wind. Die ersten Stunden war kaum Wind, wirklich nur ein schwacher Hauch. Die Maschine tuckerte mit 1500 Umdrehungen, wir schwitzten im Cockpit und suchten allerlei Abkühlung. Die beste Idee war: Aufs Vorschiff zu gehen, da wurde man stets frisch angefächelt. Angela fand auch einen guten Platz vor der Sprayhood am Baum, etwas im Schatten und auf jeden Fall im kühlenden Wind. Außerdem liessen wir das Dach der Kuchenbude als Bimini stehen. Wir hatten die Genua ausgerollt und wenn ich den Kurs so um 20° änderte, dann zog sie sogar ein wenig. Ein halber Knoten war immer drin, den nehmen wir gerne mit! Leider führt die Elbe nicht so schön gerade aus durch die Republik, wie man das naiverweise annehmen würde, sondern sie mäandert gewaltig zwischen Niedersachsen und Schleswig Holstein hindurch. Und diesem Weg müssen wir letztendlich folgen. So kam es, dass wir freudig 8 Knoten Fahrt feststellen konnten um hinter der nächsten Tonne leidig auf die 4,9kn am GPS maulen zu können. Wir versuchten alles, um unseren Kurs so am Wind zu halten, dass er ein wenig schob, mussten aber auch immer auf den zwar schwachen, dann aber deutlichen Frachtverkehr auf der Elbe acht geben. Als wir an Brunsbüttel vorbeikamen, da ging Angela und mir so ziemlich das gleiche durch den Kopf: Letzte Ausfahrt Südsee! Ab in den NOK, ein Tag Kanalfahrt und am nächsten Tag könnte man in der Dänischen Südsee ankern. Warum nochmal machen wir das nicht einfach?

Auch der alte Hafen in Brunsbüttel war vorab in den Planungen eine

13,9m Tiefgang…

Überlegung, weil uns ja durchaus bewusst war, dass der Schlag nach Cuxhaven eigentlich ein zu langer war… aber hier grätschte die Tide wieder rein: NW in Brunsbüttel sollte 17:39 Uhr sein. Um in den Hafen zu kommen, muss man wesentlich eher oder später da sein. Das waren für uns – egal, wie wir rechneten – keine Optionen. Nun war es ca. 16:00 Uhr, als wir dort vorbei fuhren und ein Blick durchs Glas bestätigte schon jetzt: Da kommt man nicht mehr rein! Gut, das hatten wir schon mal richtig gemacht.
Ab hier waren es „nur“ noch 17sm; bei richtiger Tide noch 2h bis Cuxhaven. Wir waren leider etwas später dran und ich ging zwar von etwas mehr aus, hoffte aber weniger mehr (falls ihr versteht, was ich meine…). Und aber oh, was war das? Der Wind frischte etwas auf! Unsere Windlupe zeigte, statt zwischen 2 und 8 Knoten plötzlich deutlich zweistellige Windgeschwindigkeiten! Und hui, was plätscherte das Wasser am Rumpf vorbei! Swantje legte sich auf die Seite, nachdem wir Segeltrimm und Kurs etwas angepasst hatten und war gleich wieder einen Knoten schneller. Der Wind nahm zu; nun schon 18 Knoten an der Anzeige. Zogen wir unsere Fahrt durchs Wasser ab, blieben noch drei Windstärken über. Aber es nahm zu: An der Anzeige auch mal 20, 22 Knoten und leider wieder mal recht spitz von vorn. Irgendwann rollten wir die Genua ein, zuviel Lage. Bei der nächsten Elbkurve rollten wir stattdessen die Fock aus und weil die Elbe hier breiter wird, suchten wir den besten Kurs im Verhältnis von Reststrecke, Geschwindigkeit und Wegverlängerung durch den passenden Kurs zum Wind. Das lief super! Statt 4,8 kn waren wir wieder bei 6,6 Knoten, und gerade mal 10,8 sm Weg zum Ziel!
Leider führte uns dieser Kurs direkt in die Fahrwassermitte. Und auch wenn optisch auf der Elbe nix los war: Die dicken Frachter fuhren mit 13, 15, 17 Knoten und sind schneller da als man alle Pflichtknoten der SBF See-Prüfung binden kann. So schielten wir immer wieder aufs hilfreiche AIS, auf den kommenden Elbverlauf, das Fahrwasser und den Wind. Ungefähr sechs Meilen vor Cuxhaven machten wir einen taktischen Fehler: Wir liefen gerade mit 6+kn mitten ins Fahrwasser und ich hatte schon den Gedanken: Genug mit Segeln, wir rollen den Lappen rein und motoren direkt auf Ziel zu, auch wenn wir nen halben Knoten langsamer sein sollen. Aber wir machten doch noch einen Holeschlag, eine Wende: Bug durch den Wind – hol über die Fock! – und Richtung Norden Schwung holen. Auf diesem Bein waren wir nicht ganz so schnell, vielleicht 4,4kn. Also strömt es noch von hinten…? Bei 7m Wassertiefe (vorher waren es 23m oder so) gab es das nächste „Ree!“ und wir hatten wieder Kurs aufs Ziel. Nun leider nicht mehr so flott. Und der nicht nur der Wind nahm etwas zu, es wurde doofer: Die See wurde hackig. Warum eigentlich??? Die Tide sollte bald kippen oder gar schon Stauwasser haben, was soll der Hack hier? Immer wieder stiessen wir mit dem Bug in eine Welle, die uns einen Knoten Fahrt klaute, an Bord wurde es ungemütlich. Und was machten wir? Wir erhöhten die Drehzahl auf 1800, trimmten, steuerten, nahmen Fahrt auf und bereiteten den nächsten Holeschlag vor: Ree!

Nach der nächsten Wende und erneutem Kurs aufs Ziel hatten wir nur noch 3,3 kn Fahrt. Dafür war das Ziel nun nur noch ca. 3 sm entfernt. Merkt ihr was? Es dauert immer ne Stunde!!!! So langsam hatten wir echt keinen Bock mehr. Die hackige See bremste uns manchmal bis auf unter 2kn runter, na toll! Nun erstmal die Drehzahl auf 2000 1/min. Dass nun noch im Dunst von vorn ein großer Frachter auftauchte, war ja nun fast kitschig. Klar, den nehmen wir auch noch. Da wir den Pinnenpiloten wegen der Hacksee immer nachjustieren mussten, nahm ich die Pinne dann selbst in die Hand und steuerte die Hafeneinfahrt an. Nach ziemlich acht Stunden bogen wir in den Amerika-Hafen ein und fuhren um die Spundwand, hinter welcher sich die Stege des LCF verbergen. Laut Revierführe liegt man hier ruhig. Nur bei Wind aus östlicher Richtung gibt es hier Schwell. Das hat dem Nordwestwind heute wohl keiner gesagt, denn die Boote tanzten hier am Steg ganz beachtlich. Wir suchten uns eine freie Box in der hintersten Ecke nahe der Spundwand aus und waren um 19:25 Uhr fest. Was für ein Ritt am Ende, da vergisst man gleich die ganzen Sonnenstunden vorher! Und jetzt, wo ich das hier aufschreibe, rollt und geigt Swantje immer noch auf Grund des nervigen Schwells. Sorry, LCF: Das werde ich mir in Zukunft wohl nicht mehr antun.

Morgen schon wollen wir weiter…. nein, noch nicht nach Hooksiel 😉
(aber auch nicht nach Helgoland…)

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