Gestern, am Samstag, den 02.11.2019, waren wir mutig: Angela und ich sind zum Maritimen Trainings-Zentrum nach Elsfleth gefahren und haben dort an einem Training „Überleben auf See“ teilgenommen. Gleich vorab: Der Wahnsinn! Das ist kein Pillepalle, Pupskram oder irgendwas lustiges, nein: Da geht es richtig zur Sache, man lernt die eigenen Grenzen kennen. Ehrlich. Doch ich erzähle mal der Reihe nach:

Wir, insgesamt 14 Teilnehmer, versammelten uns in einem Schulungsraum, es gab diverse kalte und warme Getränke und eine kleine Einführung in das, was auf uns zukommen wird. Die Teilnehmer waren im Durchschnitt so alt wie wir, aber es war auch ein (sehr) junges Mädchen und eine recht betagte Dame dabei (die das alles beneidenswert gut mitgemacht hat). Wir erfuhren: Erst bekommen wir eine Theorie-Stunde „Erste Hilfe an Bord“. Und diese gute Stunde war sehr gut! Viola, unsere junge Dozentin, hat immer Bezug zur Situation an Bord genommen und sich auf das Wesentliche konzentriert:

      • Bewusstlosigkeit
      • Unterkühlung
      • Wiederbelebung

In dem Zusammenhang dann auch, wie man die Atmung einer liegenden Person fest- und sicherstellt und wie und wann man eine stabile Seitenlage herstellt. Dabei sagte sie  gute und wichtige Dinge, wie z.B.: Wenn man Ekel haben sollte, jemanden Mund-zu-Mund zu beatmen: Die Person, die dort vor uns liegt und Hilfe braucht, ist ziemlich sicher nicht irgend ein Fremder sondern ein nahes Familienmitglied und wenn man nicht hilft, dann stirbt diese Person! Und: Scheiss drauf, wie die richtige, perfekte Seitenlage geht! Hauptsache, die entsprechende Person liegt auf der Seite, Kopf nach hinten gestreckt und bleibt auch so (eben stabil). Und Scheiss drauf, welche Verletzungen da noch sind und warum usw: Ohne Atmung stirbt dieser Mensch auf jeden Fall. So einfach kann es sein: Alles richtig und einleuchtend, was sie sagt.
Eine Auffrischung von erster Hilfe lohnt definitiv, besonders, wenn sie wie bei mir (und vielen anderen) das letzte mal beim Führerschein gemacht wurde. Unabhängig vom Faktum „See“ gibt es halt immer wieder neue und hilfreiche Erkenntnisse.

Ein Klick aufs Bild liefert eine Sekunde Film, Eindruck genug!

Nach der (viel zu knappen) Zeit mit den Tipps zur Ersten Hilfe kam die Einweisung fürs Eingemachte: Wir werden über zwei Stunden durchgehend in voller Montur und bei Wind und Wellen im Wasser verbringen und u.a. diese Dinge machen:

      • Rettungsweste auslösen
      • in der Gruppe eine Raupe bilden
      • … einen Kreis bilden
      • … auf uns Aufmerksam machen
      • alleine eine Rettungsinsel drehen
      • … diese Insel besteigen
      • per Seilwinde (wie beim Hubschrauber) aus der Insel geborgen werden

Und das alles nicht im glatten Wasser eines normalen Schwimmbeckens, denn dieses Becken hat nicht nur drei Wellenhöhen (max. 1,80m!) sondern kann diese auch von diversen Seiten auf einen zukommen lassen. Dazu die Windpropeller, siehe Bild/Film oben.

Sie haben gehalten, was sie versprachen. Und noch mehr. Eine erste Überwindung kann ja sein, in voller Montur ins Becken zu springen. Ich wollte sowas unbedingt mal machen, deswegen zögerte ich nicht lange. Aber Leute: volle Montur heisst: Mit Schuhe und Socken, Hose etc.! Wir sollten die Bekleidung (Ölzeug) mitbringen und anziehen, die wir üblicherweise an Bord tragen und das taten wir auch. Ein Glück, dass ich auch noch eine lange Unterhose unter meiner Jeans (unter meiner Ölhose) trug, denn das 22 Grad warme Wasser fühlt sich nicht lange so „warm“ an. Wie auch immer: Ins Wasser springen und die Weste auslösen (wenn sie nicht automatisch aufploppt) ist der Anfang und danach muss man sehr gut aufpassen, kein bzw. nicht zu viel Wasser zu verschlucken und den richtigen Moment fürs Atmen finden. Eine sehr interessante Erfahrung, und „Spass“ ist ganz sicher nicht der richtige Ausdruck dafür! Als ich irgendwann allein in der Rettungsinsel saß und wieder raus ins Wasser musste, da war ich für einen kurzen Moment richtig verzweifelt.

Und als ich, simulierten Hubschrauber um mich rum, nach guten zwei Stunden mit einer Seilwinde aus der Insel „gerettet“ wurde (als Vorletzter, weil ich zwischendurch zum Co-Skipper befördert wurde), langsam vom Turm runterging und mir ein heisser Tee mit Zucker gereicht wurde, hätte ich diesen vor lauter unkontrollierbarem starken Zittern fast verschüttet.
Ich setzte mich pitschpatsch nass, zitternd, mit allen Klamotten und der nun etwas platten Rettungsweste um den Hals auf eine Bank und wusste nicht, was ich denken sollte. Was für eine Erfahrung!

Was für eine Erfahrung, und das bei voller Kontrolle: Das Team von Fire & Safety war stets in der Nähe, im Wasser, halfen, lachten, sagten, was zu tun und zu lassen ist. Noch mal ein dickes Lob ans Team, falls hier einer mitlesen sollte! Natürlich will keiner sowas „in echt“ auf hoher See erleben, aber genauso natürlich kann das keiner ausschliessen, der sich auf die hohe See hinaus wagt. Und auch wenn es da draussen sicher noch vielviel schlimmer kommen kann als beim Training: Man hat ein kleines Gespür dafür, was man tun kann, um nicht gleich zu sterben.  Das fängt nicht bei der Wahl der richtigen Rettungsweste an und hört nicht bei guter körperlicher Fitness auf, aber nun befinde ich mich mitten auf der Skala statt ganz am Anfang.

Wenn ihr nun glaubt, ich hätte ja alles verraten und euch, die ihr vielleicht mal so ein Training machen wollt, die Spannung genommen: Nee, Leute, das solltet ihr schon selbst erleben! Was ich hier beschrieb, ist nur ein Teaser…

Ich werde so ein Training auf jeden Fall noch mal machen! Muss ja nicht gleich nächste Woche sein….

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