Wann hatte ich angefangen, unsere geplante Langfahrt hier konkret zu erwähnen? Das war Anfang März… und dann kamen die Corona-Folgen, die schliesslich dazu führten, dass wir unseren Törn abgesagt bzw. verschoben haben.
So weit waren wir im Kopf
Bis zum Zeitpunkt der Absage hatten wir einiges organisiert. Schon der Haufen an Hafen- und Revierführern ist beachtlich. Dazu die etwas detailliertere Törnplanung: Wann könnten wir in welchem Hafen sein, wie lange brauchen wir dorthin und wie gehts weiter?
Der Weg nach Marseille „außenrum“ beträgt ca. 2500 Seemeilen. Wenn wir im Durchschnitt 50sm / Tag annehmen, dann bräuchten wir 50 Tage dorthin. Das ist schon mal gut, weil wir uns ja 150 Tage (also 5 Monate) Zeit genommen haben. Und weil alle (Yachties) immer sagen: „Plane ein Drittel für den Hinweg und zwei Drittel für den Rückweg, sonst schafft man das nie“. Doch die 50 Tage für den Weg bleibt sportlich, auch wenn 50 Meilen pro Tag „locker“ machbar sind. Hier mal ein Auszug aus der groben Planung:
3. Tag Helgoland – Borkum 60sm
4. Tag nach Den Helder ca. 100sm
5. Tag nach Den Haag 55sm
6. Tag Dünnkirchen 95sm
3 Tage Pause!
7. Tag Boulogne 47sm
…. usw.
Danach wären wir am 22.05. in A Coruna gewesen, also über die Biskaya. Uns war klar, dass wir die Taktung nicht schaffen konnten. Also habe ich die Zeiten stumpf verdoppelt und wir wären am 09.Juni über die Biskaya (bis dahin über 1000 sm), und am 01.07. in Gibraltar gewesen. Dann hätten wir noch 4 Wochen Zeit, durchs Mittelmeer, an Mallorca vorbei (dort mal anhalten?) bis nach Sete zu kommen, wo der Canal du Midi beginnt. Für den hätten wir ungefähr 3 Wochen Zeit gehabt um dann wieder oberhalb der Biskaya rauszukommen (21.08. Brest?) und durch den Ärmelkanal gen Heimat, 5 Wochen.
Auch wenn wir keine Erfahrung mit Langfahrten haben: Das schien uns sehr ambitioniert. Aber wir wollten es wagen. Urlaub war genommen, Auslandskrankenversicherung bestellt, sogar ein „Liferaft“, ein Rettungsfloß, haben wir an Bord.
Und dann?
Am 22. April schrieben wir diesen Artikel: Klick. Reise abgesagt, oder besser: Wie alle anderen Veranstaltungen auf der Welt um ein Jahr verschoben. Und jetzt, Stand heute, haben wir uns dazu entschlossen, die ganze Reise gar nicht zu machen.
Waaaas? Ja nee ja, ich erkläre es noch und wir fahren ja auch los, aber wo anders hin, gaaanz anders: Ostsee, fünf Monate!
Warum?
Wir hatten / haben diese Saison keinen festen Liegeplatz für Slocum und hüpften von Hafen zu Hafen, zahlten auch beachtliches Gastliegegeld. Aber: Wir kamen rum, wir lernten neue Häfen kennen, mussten mit unplanbaren Situationen fertig werden. Tolle Sache, tolle Erfahrungen, hat Spaß gemacht! Dann begann unser Sommerurlaub, den wir mit dem Ziel IJsselmeer angegangen sind. Treue Leser werden sich erinnern. War auch toll.
Was wir aber merkten: Es macht keinen Sinn und keinen Spaß, einfach nur jeden Tag von Hafen zu Hafen zu hüpfen. Das kann man machen, wenn man, aus welchen Gründen auch immer, dringend von A nach B muss und der Rest vom Alphabet einem wurscht ist. Nein, hier und dort mal einen Hafentag, mal die Socken lüften etc., ihr wisst schon. Und so reifte in uns beiden (unabhängig von einander!) der Gedanke, dass unsere geplante lange Reise ganz schön stressig werden könnte und wir unterwegs quasi nix mitbekämen. Dazu hatten wir so ein kleines bisschen die Nase voll, dass entweder Tide oder Wind nicht so waren, wie wir es gerade gut gebrauchen könnten.
Wir brauchten gar nicht lange, um uns darauf zu einigen: Nee, das machen wir anders! Hafenhandbuch Ostsee I organisieren, die anderen Revierführer und Seekarten wieder vertickern und nun: Kiel – Marstal – Bornholm – Oslo oder so ähnlich… weniger Weg, aber die gleiche Zeit. Keine Tide, schöne Orte…
Wir glauben, dass wird eine sehr schöne Zeit!