Am Freitag fahren Holger und ich mit Bus, Zug, Bus zu Swantje nach Harlesiel. Die Sonne scheint, aber es ist kühl. Am verschlossenen Tor des Harlesieler Vereins werden wir erst mal ausgebremst, der Hafenmeister kommt aber nach Anruf und läßt uns rein. Schnell ist die Woche des Liegens abgerechnet und wir klettern an Bord. Unsere Stegnachbarn von der Betz sind auch schon da. Wir entschließen uns, die 13:00 Uhr-Schleuse zu nehmen. Als wir unsere Kreise vor der Schleuse drehen, nieselt es. Das passiert irgendwie zu oft beim Schleusen!
Wir quetschen uns mit drei Booten in die kleine Schleuse. Dann, außen im Hafenbecken, drehen wir noch gemächliche Kreise und warten auf das Frachtschiff, welches den Weg zum Hafen hoch kommt. Wir befürchten, das die Tiefe im Priel noch nicht reicht, es ist Nipp-Zeit… Betz kann schon los, sie wollen zurück nach Oldenburg, über das Watt.
Aber dann machen auch wir uns auf den Weg. Spannend wird es, als uns große Fähren entgegen kommen. Das Echolot zeigt nichts mehr an, so flach ist es. Auf dem Weg entlang der Harle-Tonnen haben wir genügend Wasser. Wir fahren quer zum Gatt und kommen zum Prickenweg nach Spiekeroog, der Muschelbalje. Auch dort fehlen Pricken und Wintertonnen sind anzusteuern – merkwürdig! Aber wir schaffen das alles und kommen etwas durchgefroren auf Spiekeroog an. Der Hafen ist bereits voll und auf den Schiffen herrscht ausgelassene Stimmung. Wir bezahlen das Liegegeld bis Montag und sind leicht irritiert über die Höhe, alles wird eben teurer…
Beim Hafenmeister treffen wir einen Bekannten aus Harlesiel. Er wundert sich, warum wir so lange gebraucht haben von Harlesiel bis Spiekeroog. Im weiteren Gespräch klärt sich, dass die Watt-Kenner einen unbedruckten „alten“ Weg durchs Watt nehmen. Und meistens keinen Tiefgang von 1,40 m haben 😉 Natürlich verbringen wir den ersten Abend mit Burgern im St. Georgs Pub.
Samstag stehen wir irgendwann auf, frühstücken und ich bummel durch den kleinen Ort. Spiekeroog gefällt uns auch deshalb so gut, weil es zu Fuß nirgends weit hin ist.
Mit der Fähre nachmittags kommt eine Freundin an Bord. Die Sonne scheint, aber es bleibt kühl. Pünktlich zum Sonnenuntergang finden wir uns am Westende der Insel ein. Wunderschön geht die Sonne im Meer unter. Was für ein Glück wir haben, letzte Woche Wangerooge, diese Woche Spiekeroog…
Das Old Laramie ist endlich mal geöffnet, aber irgendwie haben wir keine Lust auf den Trubel. Wir gehen zurück an Bord und lassen den Abend erst spät in der Nacht enden.
Am Sonntag begrüßt uns wieder die Sonne. Es weht aber immer noch ein kühler Nordwind. Im Hafen herrscht reges Treiben, ab 11:00 Uhr beginnt die Regatta. Ich gehe nach dem unspektakulären Start mit unserem Besuch zur Nordseite an den Strand. Ganz schön viele Touris hier! Bei der Rückkehr der Regatta-Boote schwirrt eine ausgelassene Stimmung durch den Hafen. Wir freuen uns mit den Crews über den tollen Wind und den blauen Himmel 😉
Wir diskutieren den Rückweg. Da der Wind aus Nord direkt ins Gatt weht, kann es dort sehr ungemütlich werden. Für den Weg durchs Watt fehlen, Dank der Nipp-Tide, bis zu 45 cm Wasser. Da schaffen wir keine 3 Wattenhochs. Also schon Sonntag Abend nach Wangerooge? Holger und mich reizt das nicht. Wir haben doch ein Segelboot und keinen Schlick-Rutscher! Später am Abend weht der Wind ganz gut über den Hafen. Ich bezweifle, dass es eine gute Idee wird, durch das Gatt zu fahren. Holger und unser Gast schlagen vor, nach Neuharlingersiel zu fahren. Da müsste das Boot dann aber 14 Tage liegen bleiben… schwierige Entscheidung!
Am Montag stehen wir früh auf. Der Wind scheint etwas nachgelassen zu haben. Für den Weg durchs Watt ist es jetzt aber zu spät. Viele Boote sind schon weg oder machen sich bereit. Es ist immer so schön ruhig morgens auf den autofreien Inseln, aber wir haben keine Zeit das zu genießen. Wir bereiten Swantje vor, backen Brötchen für unterwegs auf und legen ab. Im Hafen ziehen wir das Groß hoch. Mit uns zieht eine Karawane von Boot den gleichen Weg entlang, also scheint unsere Planung doch nicht ganz abwegig.
Der erste Teil des Weges führt uns unterhalb von Spiekeroog entlang. Im Gatt scheint es zuerst relativ ruhig zu sein, wir sind erleichtert. Wir folgen den roten Tonnen und den anderen Booten raus auf die Nordsee. In der Lagune vor Spiekeroog Ankern ein paar Schiffe, das sieht sehr idyllisch aus. Als wir die Inseln Spiekeroog und Langeoog fast hinter uns haben, kommt noch die Barre des Gatts. Das Wasser schäumt, hohe Wellen bremsen Swantje immer wieder aus! Aber der Motor ist stark und wir geben noch etwas mehr Gas. Ich bin an der Pinne, suche die Tonnen und sehe die Boote vor mir stark gegen die Wellen kämpfen! Im Innern von Swantje haben wir wohl doch nicht alles so gut gesichert. Das Marmeladenglas fliegt auf dem Boden, daneben landen Kekse: jemand Lust auf Frühstück? Ein riesiger Brecher von vorn, Swantje taucht ein und bekommt eine Menge Wasser über den Bug. Ich rufe noch: Welle! (Warum auch immer man DAS macht? Die anderen sehen und spüren das ja auch) und schon werden wir geduscht! Eine Menge Wasser spritzt auch in den Niedergang hinein! Wir sind nass, es ist saukalt, aber Swantje stampft tapfer weiter durch die Brecher. Holger bemerkt, dass die Schiffe hinter uns ganz gut zu kämpfen haben, man sieht immer wieder ihren Bug eintauchen und wieder hoch schießen. Das selbe werden sie wohl über uns denken!
Teilweise habe wir nur 1,60 Meter unter unserem Kiel, das ist wenig! Zum Glück haben wir nicht versucht, über drei Wattenhochs zu fahren. Wir beschließen zur Sicherheit, bis zur Ansteuerungstonne zu fahren, nichts riskieren! Die Wellen kommen immer noch fies mit dem Wind aus Nord. Weiter draußen wird es besser. Mit Abstand zu den Inseln wird es zumindest soweit gut, dass ich mich umziehen kann und wir schnell ein Brötchen mümmeln. Holger verträgt das Geschaukel nicht so gut und legt sich im Cockpit lang. Irgendwann holen wir auch das Vorsegel raus und können den Motor ausschalten. Schön ziehen wir unter Segeln an Wangerooge vorbei. Es ist nicht mehr ganz so kalt und Holger schläft, oder hört er unserem Geplauder zu? Die Wellen sind immer noch mächtig stark und die Frau am Ruder muss sich konzentrieren, den Kurs zu halten. Dann taucht plötzlich schon eine grüne Tonne vor uns auf! Das Jade-Fahrwasser lotst uns Richtung Heimat. Wir beschließen, den roten Tonnen zu folgen. Aus irgendeinem Grund sind sie besser zu erkennen und der Kurs ist angenehmer zu den Wellen. Ganz weit vorne sehen wir ein Schiff auf uns zukommen, unser Gast am Steuer zieht langsam auf die grüne Seite rüber um Platz zu machen. Ist es ein Seenotretter, oder Klaus mit seiner Albatros, der uns da entgegen kommt? Nee, die Küstenwache ist es! Wir witzeln rum, dass die wohl bei einigen Seglern heute Alkohol-Proben nehmen, da ändern sie ihren Kurs um 180 Grad und kommen hinter uns her. Ganz schön großes Schiff und wieviel Mann Besatzung laufen da rum? Bestimmt 6 Mann, aber was wollen die von uns? Längsseits bei dem Wellengang ist unmöglich! Ich hole das Handfunkgerät, aber der Mann kann sich so verständigen. Er fragt, wo es hingehen soll. Holger antwortet. Warum wir die ganze Zeit auf der falschen Seite fahren, fragt er. Holger ruft was von Wind und Wellen, aber das ist egal. Wir sollen schleunigst auf die richtige Fahrwasserseite! Na klar, machen wir… so was blödes, das hätten wir ja auch gleich machen können!
Auf Höhe Minsener Oog beginnen wir vor dem Wind zu halsen. Von Tonne zu Tonne arbeiten wir uns gegen die Tide vor. Das Macht Spaß und fordert uns so richtig. Das Muschelfeld vor Hooksiel nehmen wir außerhalb des Fahrwassers nah am Strand, rollen das Vorsegel ein und Dank jetzt mitlaufenden Strom haben wir eine ruhige letzte Stunde Fahrt. Was für ein herrlicher Segeltag… Als wir auf die H3-Tonne vor der Schleuse zuhalten, beobachten wir einen kleinen See-Notfall. Ein Segler ist zu weit an Land gedrückt worden (wohl vom Wind) und kommt nicht ohne Hilfe frei. Ein Motorboot versucht zu helfen, muss aber aufgeben. Der Rettungskreuzer aus Hooksiel wird angefunkt. Das kleine Tochterboot kommt nach wenigen Minuten aus dem Hafen und kann den Havaristen frei schleppen. Wir können aufhören, Kreise zu drehen und nehmen Kurs auf den Schleusen-Vorhafen. Man muss bei Wind und auflaufendem Wasser aus einer Richtung schon konzentriert steuern! Im Hafen klarieren wir die Segel und machen uns klar zum schleusen. Auf einmal ist uns recht warm in den dicken Klamotten! Das Schleusen verläuft schnell und zack: Sommer im Hooksmeer! Klamotten aus, es ist warm.
Unser endgültiger Liegeplatz ist frei und hier endet die Fahrt. Zwei lange Wochenenden sind zu Ende und wir sind glücklich aber hundemüde.