Diese Zeilen schreibe ich, während ich im Zug sitze. Es ist der RE18 von Wilhelmshaven nach Osnabrück. Wir werden in Oldenburg aussteigen. Diese Rückreise markiert das Ende eines Segel-Wochenendes voller Erlebnisse. Einige durftet ihr hier schon lesen, das andere erzähle ich jetzt.
Ganz ursprünglich hatten wir die Idee, am Freitag, den 30.05. Abends von Elsfleth nach Helgoland zu segeln. Wir wären dann irgendwann mitten in der Nacht angekommen. Wir liessen aber schnell von diesem Plan ab, weil laut Vorhersagen starke Winde aus ungünstigen Richtungen kommen sollten. Wir lagen also in Elsfleth am Stadthafen, hatten die Segel endlich angeschlagen und noch ein freies Wochenende vor uns. Was nun? Wohin? Angela äußerte den Wunsch, mal nach Großensiel zu fahren. Da war sie noch nie und ich nur einmal vor langer Zeit mit Mark und der Sutje. Dieser Hafen ist sehr schön, hat aber eine kleine Herausforderung: Wir können ihn nur um Hochwasser anlaufen. Die Weser abwärts fährt man aber sinnvollerweise mit dem Strom, also ablaufend Wasser. Wenn wir da ankämen müssten wir draußen ankern und auf das nächste Hochwasser warten. Alles etwas Aufwand, aber warum nicht? Dann dachten wir über nächstes Wochenende nach. Da werden wir auf der Obadja mitsegelnd an der Nordseewoche teilnehmen. Die Obadja liegt in Hooksiel, die FCC-Zubringer-Regatta startet von dort bzw. vor Horumersiel. Wir müssen irgendwie noch unser Ölzeug etc. an Bord der Obadja schaffen, das jetzt noch an Bord der Swantje liegt. Hm. Wie wäre es denn, wenn wir mit der Swantje dieses Wochenende nach Hooksiel fahren würden? Dann wären unsere Sachen schon mal dort, wir müssen sie nicht erst nach OL und dann wieder zurück schaffen…hm, gute Idee! Ich schrieb Peter ne Mail, ob noch ein Liegeplatz für uns frei wäre.
Gleich guckten wir nach der Tide und dem Wind und stellten fest: Am besten gleich Morgen ganz früh los, mit dem Wasser die Weser raus, an den Türmen rüber in die Jade und ab nach Hooksiel. Geschätzte Dauer: 11 Stunden. Oha. Kann man machen, aber dann müssten wir aufpassen, dass wir auch die letzte Schleuse in Hooksiel erreichen. Oder Samstag bis Bremerhaven und Sonntag den Schlag aussen rum? Ach Mist, Sonntag ist wieder der Wind ein Problem, 5er Böen und mehr aus wechselnden Richtungen. Stimmt, da war ja was. Dann hatte ich eine kleine Eingebung: Wenn die Tide morgens passt, dann passt sie auch Abends. Wie wäre es, wenn wir heute Abend noch nach Bremerhaven aufbrechen? Hochwasser in Elsfleth ist 18 Uhr und… ca. drei Stunden bis nach Bremerhaven, also wären wir noch vor 22 Uhr dort. So machen wir es!
Es ist ja auch die beste Jahreszeit dafür: Es ist lange hell, es ist nicht kalt. Da ist man gern auf dem Wasser. Nichts hielt uns mehr auf. Als an Bord alles klariert war und die Tide kippte, da lösten wir die Leinen und tuckerten los. Wie es immer auf der Weser ist: Der Wind war schwach, aber vor allem kam er von vorn. Segeln ist nicht. Aber es war wirklich so wenig, dass sich nicht mal richtig Wellen aufbauten – es war eine ruhige Überfahrt, die Dank der Tide auch recht flott ging. Es war noch keine halb zehn, als ich die Schleuse vom Neuen Hafen anfunkte.
Kaum das wir am Steg fest waren, schnappte ich den Kanister und lief zur Tanke. Für die Fahrt morgen brauchen wir noch etwas Diesel in den Tank. Es könnte knapp

reichen, aber warum Experimente machen? Die Tankstelle ist quasi gleich um die Ecke. Damit ich den vollen Kanister nicht schleppen musste, nahm ich nen Roller mit (Memo an mich: Ich muss mir noch dringend ein Halteblech dafür bauen, damit der Kanister besser tranzsportiert werden kann). Dann gönnten wir uns noch ein feines Anlegebierchen an Bord und gingen bald in die Kojen. Der nächste Tag wird früh beginnen, die Tide ruft! Unser grober Zeitplan: Irgendwann kurz nach 10 Uhr wird beim Leuchtturm Alte Weser Niedrigwasser sein. Drei Stunden vorher müssen wir los (ja, die 26sm dahin schafft man in 3h, der Ebb-Strom zieht gewaltig). Also gingen wir morgens um 7 Uhr durch die Schleuse auf die Weser und fuhren an der Columbuskaje vorbei. Es war noch etwas Morgennebel und alles sah so friedlich aus… herrlich.
Angela legte sich noch mal ne halbe Stunde hin und schnell waren wir vorm Heinrich-Punkt. Wir wechselten auf die andere Fahrwasserseite. Warum ist es so, dass geeenau in diesem Augenblick ein Frachter aus der alten Weser kommt und auf uns zuhält? Das Fahrwasser ist dort recht breit und für die eine Meile brauchen wir etwas Zeit, weil jetzt keine Strömung mehr schob (für die interessierten: Mit 4 Knoten braucht man für eine Seemeile eine Viertelstunde). Doch vermutlich hat er erkannt, was wir vorhaben und legte sehr zeitig Ruder. Vielen Dank! Obwohl wir das schon oft gemacht haben – ich auch schon einhand – ist es immer wieder etwas spannend, dort in die Jade zu wechseln. Man weiß nie, wie sich
die Sände verschoben haben könnten und wegen des schwachen Windes konnte man auch nicht durch Brandung die seichten Stellen von den tieferen unterscheiden. Aber da draußen ist immer etwas Dünung. Unangenehm an Bord, aber eben auch hilfreich… Als wir die Mittelrinne querten und uns auf den Heinrich-Punkt zu bewegten, da fiel uns eine andere Segelyacht auf, die von Nordosten kommend offenbar unseren Kurs kreuzen würde… eine hübsche HR, sogar Ketch-getakelt, also ein Zweimaster. Und wie sich rausstellte, bog er auch ab, um über den H-Punkt in die Jade zu fahren. So eierte er vor uns rum und ich fuhr ihm einfach hinterher. Wo der drüber passt, passen auch wir 🙂 Ich habe ihn durch das Fenster unserer Sprayhood fotografiert…
Jetzt waren wir wieder in der Jade. Der Wind war total eingeschlafen. Das erinnerte mich daran, dass ich auch recht müde war. Als wir das Jade-Fahrwasser gequert hatten, legte ich mich auch noch hin und liess mich in den Schlaf wiegen. Als angenehme Begleitgeräusche hörte ich, wie Angela versuchte, mit der Fock doch noch etwas zu segeln. Den Motor ließen wir nur im Standgas tuckern, die nun auflaufende Tide schob uns gewaltig. Ich muss später noch nach dem Impeller gucken, denn der Motor wurde ziemlich warm, wir wollten ihn nicht so beanspruchen. Wir hatten aber auch keine Eile. Hätten wir vorher Gas gegeben, dann hätten wir noch die 12 Uhr-Schleuse schaffen können. Um 13 Uhr gibt es keine, also hatten wir bis 14 Uhr Zeit. Trotz aller Bummelei fuhren wir gegen halb zwei in den Hooksieler Vorhafen und machten an einem dort liegenden Lotsen-Boot fest. Wie wir da so schön im Cockpit warteten, sahen wir, dass die HR-Ketch langsam näher kam. Als er auf Rufweite heran war, da fragte er: „Sagt mal, hab ihr das Boot von Rainer W. gekauft?“ Jupp! „Darf ich ein Foto von euch machen? Er wird sich bestimmt freuen!“ Jupp, gerne!
Schon um 13:50 Uhr ging die Schleuse auf, alle fuhren raus und wir gingen als erste rein… mit uns noch ca. sechs, sieben Boote. Auf dem Hooksmeer tuckerten wir gerade aus, bis wir bei den Lollipop-Stegen waren. Dort mussten wir den richtigen Liegeplatz finden. Leider kann man die Nummern nicht vom Wasser aus sehen, nur wenn man auf dem Steg steht. Aber eine nette Dame am Steg suchte für uns und stellte sich hin, um die Leinen anzunehmen. Da liegen wir wieder in Hooksiel, wer hätte das sobald wieder gedacht! Ich habe den Platz gleich für drei Wochen angefragt. Dann sehen wir weiter. Den Rest des Beitrages habe ich übrigens nicht im Zug geschrieben 😉