Als es die letzten Sommer so heiss war, da gab es ein Motto bei uns im OYC an der Buschhagen-Halbinsel: Die Schleuse schleust, aber die Brücke brückt nicht. Die alte Cäcilienbrücke funktioniert bei Hitze nicht mehr so gut und dieses Jahr, 2019, wurde sie im Sommer sogar auf eine Höhe festgesetzt und Radler etc. mussten über Rampen & Co. die Brücke erklimmen. Binnenschiffer mussten den Tidenkalender statt der Funke bemühen, was nicht immer funktionierte. Seit Anfang Oktober brückt sie erstmal wieder, es ist ja nicht mehr so heiss.
Gestern (Freitag, den 08.11.) schon legte ich in einer relativ spontanen Aktion mit meinem Sohn Thor den Mast im Stadthafen. Das hat keine anderthalb Stunden gedauert; ein guter Wert mit zwei Leuten, inklusive Mast nach vorne wuppen und festtüdeln und so. Dann habe ich gleich abgelegt und wir beide sind das kurze Stück vom Stadthafen zum Buschhagen getuckert, welches nur eine kleine Hürde hat: Die Cäcilienbrücke. Noch am Steg schätze ich die Höhe des Bootes mit liegendem Mast (ca. 2,10m) und rechnete mit der Zwölferregelung, wieviel Platz wohl nun unter der Brücke sein würde: ungefähr halb eins war Hochwasser, nun war es zwei Uhr durch. ein zwölftel von drei metern sind 25cm, also einmal plus zweimal macht ca. 75cm, aber minus etwas, weil noch keine zwei Stunden nach Hochwasser rum sind. Bei normal HW hat die Cäcilie noch 1,39m Luft. Plus meine errechneten und geschätzten vielleicht 60cm waren wir bei knapp 2m. Das reichte also noch nicht. aber wenn die zwei Stunden um wären, dann müsste es bald passen. So stand ich leise murmelnd am Steg und mein Sohn verstand nix von dem. Ich habe es ihm grob erklärt und ich glaube, er hat es fast voll verstanden. Egal, es gibt ja noch den Brückenpegel gleich um die Ecke 🙂
Bei bestem Wetter fuhren wir langsam rückwärts(!) aus der Innenseite des Stegs, was natürlich mit unserem „gemässigtem Langkieler“ nicht einwandfrei funktionierte. Aber gut genug. Ganz sanft touchierten wir die letzten Bretter vom Steg, drehten den Arsch zum Schwan und konnten vorwärts Gas geben. Dass das Echolot dabei zwischen 0,7 und bescheuerten Werten hin und her sprang, ignorierte ich einfach, wir machten ja Fahrt und waren also nicht auf Grund (unser Echolot zeigt nicht die Tiefe unterm Kiel an, sondern vom Einbauort, der einiges höher liegt). Es war wirklich Traumhaft schön, und solch ein Wetter Anfang November! Kein Windhauch, blauer Himmel und die Sonne wärmte sogar noch. Aber sie stand schon recht tief und unser Küstenkanal führt nach Westen, also hatten wir Sonne von vorn. Gut, dass immer einige Sonnenbrillen an Bord sind. Nun um die neu gestaltete Kurve und den Pegel gepeilt: Ziemlich zwei Meter. Erstaunlich, da war ich schon etwas stolz auf mich 😉
Aber das hiess: Wir passen nicht unter die Brücke durch. Extra anfunken wollte ich die nicht, hätte ja noch die Handfunke an Bord (die „grosse“ Funke geht nicht, wenn die Antenne bzw. der Mast liegt und der Stecker raus ist). Ich liess Thor an die Pinne, regelte die Fahrt von 3 auf (echt mal) bummelige 1,5 Knoten Fahrt und legte die Füsse hoch. Thors Kommentar: „wir müssen nicht so langsam, nur weil ich am Steuer bin…“
Nein, aber um Zeit zu gewinnen und das alles zu geniessen ist Tuckern gut. Als wir uns der Brücke bis auf wenige Meter näherten, wollte Thor nicht mehr am Steuer sein weil er annahm, wir würden unweigerlich die Brücke rammen (das ein Boot keine Bremsen hat, hat er schon mal verstanden). Ich hatte allerdings schon in den Leerlauf geschaltet und wir schoben nur mit Restfahrt auf die Brücke zu. Das ablaufende Wasser bremste auch noch unsere Fahrt. Ich schickte Thor aufs Vorschiff: Fasse die Brücke an, wenn du sie erreichen kannst und peile, ob die Höhe passt!
Es passte noch nicht. Der Pegel ist zwar um wenige Zentimeter gefallen, aber… Also einfach warten. Wir hatten es echt wirklich voll nicht eilig, das ist doch ein wahrer Luxus! Die Slocum stand ziemlich gerade mittig im Küstenkanal eine Armlänge von der Brücke entfernt, ich hatte alles unter Kontrolle und genoss das alles einfach. Und auf einmal hörten wir schon dieses besondere Dauerklingeln, welches jeder Radfahrende Oldenburger sofort erkennt: Die Brücke will schliessen, um sich zu heben. Das hat Thor bisher nur von der Strasse aus erlebt und fing an mit Vorschuss-Moppern: „Wenn ich mitm Auto da warten müsste, nur weil ein son kleines Boot dadurch will, ich würde mich ja tierisch aufregen….!“
Tja, jetzt ist er quasi „auf der anderen Seite“ und will drunter statt drüber. Ausserdem hatten wir die Brückenöffnung nicht angefordert, das war eine Entscheidung des Brückenwärters (welche ich stets nett erlebt habe). Die Lichter gingen von einmal weiss und zweimal rot auf ein Rot und ich fuhr durch, ohne Grün abzuwarten, sobald es passte. Kaum waren wir durch, da fuhr sie auch schon wieder runter. Das ist irgendwie immer ein tolles Gefühl und es betrübt mich als alter Oldenburger schon jetzt, dass diese Brücke bald nicht mehr da sein wird. Immerhin konnte ich dafür sorgen, das mein Sohn das hier noch mal erlebt.
Anlegen am Steg war dann auch kein Thema: Erstmal an vorbei, durchfahren bist zur Slippbahn und dort drehen. Dann zurück zum ausgeguckten Liegeplatz, ran, aufgestoppt, mit Leine auf den Steg und Boot fest. Fertig.