Schon am Donnerstag abend sind wir nach Neuharlingersiel angereist. Nachdem die Wetter/Windvorhersagen von Anfang der Woche bis Donnerstag immer besser wurden, waren wir optimistisch, den langen Schlag aussenrum nach Norderney machen zu können (unter anderem hier nachzulesen).
Wegen der Tide waren wir sogar bereit, um vier Uhr morgens aufzustehen, um mit dem dann ablaufenden Wasser durchs Gatt und an den Inseln vorbeigeschoben zu werden. Wenn es gut läuft, schafft man die 31sm vielleicht in 6 Stunden? Oder auch 7, dann wären wir um 12:00 am Ziel, die Tide liefe wieder auf; perfekt. Als ich um 4:17Uhr den Kopf aus dem Niedergang steckte, sah ich, was wir schon in der Koje hörten: Nicht nur ein arger Wind, auch kräftiger Regen fiel. Nee, Leute. Spontan neuer Plan: Das nächste Hochwasser ist gegen 16:00, also zwei Stunden vorher los. Dann sind wir zwar etwas langsamer, aber wir sollten noch im Hellen ankommen. Die Windvorhersage pendelte am Rand einer 4, aber Nord/Nordwest war relativ gut für unseren späteren Kurs. Um 14:12 legten wir mit starkem Seitenwind ab und fuhren raus. Ich hatte mir überlegt, dass wir für die knapp 7 Meilen bis hinters Gatt bestimmt zwei Stunden brauchen und dann kann uns das ablaufende Wasser ja mitnehmen. Der Weg durch die Priele war OK. Dann fuhren wir auf das Gatt zu und die Wellen nahmen zu. Wir hatten nur noch unter 3 Knoten Fahrt, der Wind fast von vorn. 1,2 Meter Welle alle 5 Sekunden waren angesagt und so fühlte es sich auch an. Wenn man sich überlegt, dass unser Freibord 88cm beträgt… wir quälten uns durchs Gatt in der naiven Hoffnung, dass es besser wird, wenn wir tieferes Wasser erreichen. Um 17:00 Uhr waren wir über der 10m-Linie aber die Wellen, die Dünung waren eeecht unangenehm. Da freut man sich, wenn man ein robustes Boot hat. Mehrmals wurden wir von den Wellen vom Kurs und auf die Seite gedrückt und wir trauten uns nicht, auf West zu gehen, dann kämen die Dinger genau von der Seite.
Gute Seemannschaft vor Heldentum: Um 17:13Uhr nutzten wir eine flache Phase und drehten um. Von hinten sind solche Wellen wesentlich angenehmer! Jetzt hatten wir das Wasser wieder gegen an, aber von der Tide her sollten wir es noch in den Hafen schaffen, bevor dieser trockenfällt. Wir rollten das Vorsegel raus, ins erste Reff und machten gleich 4kn und mehr an Fahrt. Das würde für die 7 Meilen unter zwei Stunden bedeuten, also noch bei halber Tide ankommen!
Ich hatte erwartet, das die schwere Dünung auf dem Rückweg hinter den Inseln aufhört, aber auf Höhe vom Pegel Spiekeroog war es noch recht dolle. Wir hätten auch zur Insel fahren können, aber wir mussten aus diversen Gründen ans Festland und in Spiekeroog müsste man sich vorher anmelden. Nein, weiter. Am grünen Tonnenstrich wurde es auch etwas ruhiger, wir rollten das Segel weiter raus und machten sogar 5 Knoten Fahrt. Das ablaufende Wasser drückte uns eher seitlich, als das es uns bremste. Aber man konnte die Tonnen, die ziemlich weit auseinander stehen, gut sehen. Jede zweite war von der Sonne beschienen 😉
An der Mole angekommen ging Angela an die Pinne, die soll da auch mal fahren (ich fahre immer zu nah an den Pfählen). Natürlich kam von vorne noch ein altes Segelschiff und bald von hinten die Fähre… die kriegte uns aber nicht mehr vor dem Hafen. Ich tüdelte die Fender fest und legte die Tampen bereit, wir fuhren durch die Hafeneinfahrt und konnten sehen, dass jemand auf unserem ursprünglichen Liegeplatz liegt. Und nix anderes frei, proppenvoll!
Erstmal weiter bis in den alten Hafen getuckert, damit die Fähre in Ruhe reinkommen konnte (und die zweite legte gleich auch noch ab). Im Hafen drehten wir einen Kreis, wurden bestimmt hundertmal fotografiert und von Kindern bewunken und ich überlegte schon, an einen Kutter zu gehen. Einer hatte sogar zwei Fender außen hängen und sah ziemlich aufgeräumt aus. Da konnte man bestimmt ran. Aber erst noch mal im Yachthafen gucken. Angela erkannte, dass bei einem Segler die Maschine lief.
Kurzer Zuruf: „Willst du weg?“
„Joa“
„Können wir bis morgen deinen Platz haben?“
„Bis morgen? Joa“
Der wollte jetzt, bei halber Tide und ablaufend Wasser noch nach Langeoog. Sollte uns recht sein. Noch ein, zwei Kreise, bis er weg war und wir konnten da rein. Der Wind drückte von hinten und der Anleger misslang. Schräg in der Box und vorne wiedermal gegengebumst. Mist. Ich kam erst später auf die Idee, nach dem Aufstoppen die Maschine weiter Rückwärts laufen zu lassen, um den Wind auszugleichen. Man lern nie aus.
Übrigens: Für den „Hinweg“ durchs Gatt brauchten wir 3 Stunden, den Rückweg machten wir in anderhalb Stunden. Das war noch mal richtig schönes Segeln…
Abends gönnten wir uns wieder ne Pizza etc. War ein schöner Abend, wenn auch nicht am gewünschten Ort.
Vielleicht sollte ich mir hier einen Dauerliegeplatz besorgen?