Eigentlich wollte ich als Titel wählen „Die magische Meilenvermehrung“, aber zauberhaft war das, was wir gestern machten, nun wirklich nicht. Was ich als Titel aber hätte wählen können, weil es stimmt, ist: Aus 10 mach 14.
Wir waren ja in Seedorf und hatten uns schon vorher überlegt, wohin uns unser Weg weiter hin führt: Nach Thiessow. Man muss aus der Bucht von Seedorf / Baabe raus, ein Stück über den Greifswalder Bodden, dann in den Zicker See einbiegen und nach Thiessow tuckern. Ich zeige euch mal unseren Track:
Die Windvorhersagen schwankten zwischen 4 und 5 und es sollte auch Gegenden geben, wo kaum Wind war. Mein größter Planungfehler war: Sich von der Lage in Seedorf einlullen lassen. Das ist dort nämlich so geschützt wie schön, so dass man am Steg dachte: „die 10 Meilen werden wir wohl motoren müssen“.
Aber kaum fährt man aus dem Seitenarm raus und biegt westlich auf den Tonnenstrich ab, kriegten wir voll einen auf die Mütze. Ich zeige euch mal einen kleineren Ausschnitt aus der Karte:
Das ist nicht verschwommen sondern hin und her! Wir liefen unter Maschine ca. 4kn und als wir an der B6 abbogen, da bremsten uns Wind und Wellen runter auf 2,5 – 3 Knoten. Da werden aus geplanten zweieinhalb Stunden Fahrt dann mal drei bis vier. Wir hopsten über die Wellen, die kräftig und deutlich über einen halben Meter hoch waren. Ein ganzes Stück nach der B4 sagte ich: „Schatz, das wird draußen nicht besser. Wir kehren um!“ sprachs, zog die Pinne rum und änderte den Kurs um 180 Grad (das erste mal).
Menschen, die noch nie gesegelt sind, würden in diesem Moment annehmen, sie wurden wo anders hingebeamt: Die Fahrt nahm – ohne was am Gashebel zu verändern – auf über 4kn zu, es war nur noch ein romantisches Schaukeln im Boot und als wir das Vorsegel rausrollten, konnten wir ordentlich Gas wegnehmen und machten mit 5 Knoten beste Segelwerbung. Währenddessen diskutierten Angela und ich die Situation, wägten ab, wollten nach Baabe ablaufen, schauten auf Wetter-Apps und: Angela überzeugte mich, es noch einmal bis weiter draußen zu versuchen „und wenn es da nicht besser ist, kehren wir wieder um!“.
Also wieder die Pinne rum (das zweite mal), Segel rein, Fahrt runter, Hoppelei ging wieder los. Angela war diesmal an der Pinne. Kurz vor der B4 sagte sie: „Nee, du hast recht, das wird nicht besser“. Ich stimmte fast schweigend zu. Ihr ahnt es: Pinne rum (das dritte mal), Segel raus… wir glitten sanft übers Wasser, während wir die Optionen besprachen. Die beste Idee: Wir ankern „da drüben“ und warten einige Stunden, denn später soll es ruhiger werden. Ich guckte noch mal auf die Karte von Windfinder, stutzte, prüfte, wägte ab: Ja, können wir so machen. Aber eigentlich, wenn wir nur eine halbe Meile weiter rausfahren als eben, dann müsste der Winkel zum Wind besser passen und wir könnten…. „wie wäre es, Schatz, wenn wir…“
Die vierte massive Kursänderung fand statt und ich versuchte nicht daran zu denken, wo wir bereits wären, wenn wir das gleich beim ersten mal durchgezogen hätten, gute Seemannschaft hin oder her. Mittlerweile waren auch schon anderthalb Stunden vergangen. Ich biss die Zähne zusammen, weil die erste lange Meile wirklich ein reines Auf und Ab war, das Boot tat mir richtig leid, und zudem rechts und links (echt) flache Gebiete mit, laut Karte, Steinen lagen. Immerhin waren einige Boote unterwegs, wenn auch die meisten uns entgegen kamen statt rausfuhren 🙂
Um es doch noch kurz zu machen: Die ganze Fahrt war kein Vergnügen, denn wir fanden kaum einen Kurs, der an Bord einigermassen zu ertragen war und uns in die richtige Richtung führte. Auf dem ersten Bild kann man erkennen, wie eierig das unterwegs war. Der Rest war dann Routine: In den Hafen gefahren und darüber gewundert, wie voll das ist. Später erfuhren wir, dass einige, die morgens los fuhren, schnell wieder reinkamen. Ach, deswegen war hier kaum Platz! Ich fand noch einen möglichen Liegeplatz an einem Kopfende, drei Meter kürzer als Slocum und drehte Kreise, bis Angela Fender quer getüdelt hatte.
Ein Nachbarlieger stand schon nett da und nahm die Leinen an. So schafften wir die 10 Meilen in vier Stunden. Vor allem, weil wir so energisch unentschlossen 14 daraus gemacht hatten 🙂
Immerhin haben wir wieder „lustige“ Trackbilder, so wie diese hier von Weser und Jade (Klick und Klack) oder unseren kleinen Segeltörn vor Großenbrode, der entweder aussieht wie ein kopfloses Huhn oder alternativ wie ein Schnutenpulli: