Es war ein schöner Törn, wenn auch kein traumhafter. Aber: Er lief wie geplant, und das ist immer eine gute Sache für einen Seemann (Wobei ich in diesem Fall Angela ausdrücklich bei den Seemännern mit einbeziehe)!

Es gibt mehrere mögliche und sinnvolle Richtungen, um Bornholm zu verlassen. Der kürzeste von Rönne wäre wohl nach Ystad mit ca. 35sm. Dann gibt es nach Osten hin noch unzählige Ziele. Man kann auch wieder zurück, wo man hergekommen ist: nach Rügen. Sassnitz (aber da waren wir ja schon) oder Lohme. Auch fast der gleiche Weg. Hm.
Da aber ja die dänische Südsee unser Grobziel bis zu Angelas Impftermin ist, wollen wir auch in die Richtung. Also der lange Schlag von 80sm bis Klintholm /Mön. Wind und Wetter waren die letzten Tage ja sehr dramatisch und planungstechnisch auch gegen uns. Aber Sonntag, da sollte es ruhiger werden. Dafür Montag bei Klintholm schon wieder einiges mehr an Wind. Für die Strecke würden wir zwischen 16 und 20 Stunden brauchen. Da gab es sowohl wegen des Wetters als auch wegen der Bedingung, im Hellen anzukommen, kein großes Zeitfenster: Gegen 14:00 Uhr los, dann sind wir morgens da.
Aber erst wollte ich noch tanken: Der war zwar noch dreiviertel voll, aber zum einen gibt es in Rönne eine bequeme Tanke direkt im Hafen und zum anderen war uns klar, dass wir einen großen Teil der kommenden Strecke (im Nachhinein: alles) den Motor mitlaufen lassen werden müssen, weil der Wind zu flau sein wird. Besser als Starkwind? Im Dunkeln? Für uns: ja. Hin zur Zapfsäule, anlegen, tanken, ablegen hat prima geklappt. Das Ablegemanöver werde ich noch in einem extra Beitrag beschreiben. Da war es 14:15 Uhr. Raus aus dem Hafen und auf Kurs gehen. Die See war sehr ruhig, kaum Dünung. Das sollte sich noch ändern… wir zogen das Großsegel gleich hoch, aber es diente eher als Schattenspender für die pralle Sonne. Und wir hatten auch mal ungeplantes Glück: Wir waren ein Stück vom Hafen entfernt, da kam die riesige Katamaran-Schnellfähre aus dem Hafen und schoß Richtung Norden. Der will man nicht in die Quere kommen, die sehen aus wie Raumschiffe!

Andreas übernahm das Ruder und wir versuchten, die Zeit im Cockpit mit Alltag zu überbrücken. Bücher lesen (Angela las Naomi James, ich Astrid Erdmann, zwischendurch mal ein Blick in den Jan Werner für zukünftige Planungen). Abwechselnd streckten wir uns auf der Backbordseite des Cockpits (dort, wo der PiPi nicht den Weg versperrte) lang aus, der andere hatte „Wache“. Es war nicht viel zu bewachen. Ich spielte eine Weile Gitarre im Cockpit, wir aßen unsere Brötchen und sahen, wie die Sonne auf der offenen See unterging. Bis dahin waren wir gut unterwegs und an das tuckern der Maschine gewöhnten wir uns auch. Das Vorsegel brachte nicht viel, weil der schwache Wind echt von hinten kam und wir immer mehr rollten. Das Flappen der Segel ist dann unerträglich. Für den Baum setzten wir dann einen „kleinen“ Bullenstander; über einen Block an der Mittelklampe.Angela wählte die erste Freiwache und legte sich gegen 22:00 Uhr hin. „Um eins kannste mich wecken“.

Wir kamen in den Bereich von einigen kurzen Verkehrstrennungsgebieten (warum auch immer die dort so kurze Stücke definieren; mir solls recht sein). Verkehr war vorhanden und flott waren die auch! Blickte man einmal in die Runde und sah nichts relevantes, so war beim nächsten Blick auf einmal ein dicker Pott auf schneidendem Kurs. Links und rechts dampften die Dampfer auf See. Einmal verzögerte ich unsere Fahrt, damit ich hinterdurch fuhr. Das Gute an gewerblichem Schiffsverkehr: Die halten sich so ziemlich an die gleichen Fahrwege. Nur die Fähren, die fahren immer kreuz und quer. Zu unseren Ungunsten addierten sich die Dünung und die Heckwellen der Pötte immer wieder zu einer groben See, die uns heftig rollen ließ. Angela schimpfte in ihrer Koje und ich konnte leider wenig dagegen tun. Einen „schöneren“ Kurs konnte ich nicht anlegen, weil ein Windpark nahte und wir südlich daran vorbei mussten.
Was man in dunkler Nacht auf dem Wasser sehen kann, ist was für SBF-Aspiranten: Die Lichterführung ist wirklich hilfreich, man muss sie nur erkennen und deuten! Apropos: Weil unser Dampferlicht nicht leuchten wollte, zog ich eine LED-Laterne unter die Saling: Viel besser als nichts und das Segel wurde so romantisch beschienen… leider unfotografierbar. Während wir uns dem Windpark näherten, verfolgte ich auf UKW noch eine Notruf-Aktion inkl. Helikopter-Einsatz. Das schult auch, zumal die englisch sprachen und der Heli ziemlich über uns weg flog.

Angelas Zeit war eigentlich vorbei, aber ich dachte, den Windpark noch querab, so lange hat sie Ruhe. Irgendwann stand sie dann von selbst auf, machte sich klar und wir wechselten gegen 2 die Wachen. Ich schlüpfte bald unter die noch warme Bettdecke (aber draußen war es eigentlich nicht kalt) und dann war es 5:00 Uhr und hell und ich wach.
Mön war zu sehen (sieht von Westen mit den Klippen ziemlich aus wie Rügen) und wir konnten schon langsam an die Ansteuerung gehen. Die in vielen Revierführern erwähnten Stellnetze „bis 1,5sm weit raus“ gibt es nicht mehr, da schrieb wohl einer vom anderen ab, ohne zu prüfen… und vor der Hafeneinfahrt Klintholm ist eine neue Mole, die nach SW schützt. Und das ist keine Baustelle mehr, sondern die ist fertig, ohne gelbe Tonnen. In OpenSeaMap ist die noch gar nicht drin.

die gelben Ecktonnen sind nicht mehr vorhanden

Um ganz kurz nach sieben glitten wir in den Hafen, die Sonne stand schon überraschend hoch am Himmel und das Hafenbecken war…. proppevoll! Wo es ging, lagen Boote in zweiter Reihe am Steg.  Wir fuhren weiter rein: Ein großer Schwede wollte gleich los, wir drehten langsam Kreise. Dabei sah ich noch weiter hinten eine freie Box, auch grünes Schild, in welche die meisten neuerdings dicken Boote wohl nicht mehr reinpassten: Wir schon! Tampen waren bereit und so drehte ich in die Box, stoppte auf, Leinen über beide Dalben und nun musste nur noch vorne fest. Angela kam nicht rüber, also bin ich hingeturnt. Ein Däne zog uns noch am Bootshaken die entscheidenden Zentimeter an den Steg und ich konnte rüber.

Fest in Klintholm um 07:29 Uhr! Ich machte Frühstück, wir lasen Zeitung und dann legten wir uns noch für ein paar Stunden hin, während hier der Wind auffrischt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert