Für alte Hasen und Revierkenner wird es langweilig werden, weil es doch ein Klacks ist. Aber für alle anderen und z.B. die, die hier bei uns im Revier auf eigenem Kiel Urlaub machen, ist es vielleicht hilfreich. Wie plant und fährt man einen Segeltörn vom Nassauhafen bis Wangerooge West?
Wilhelmshaven liegt ca. 16sm entfernt von der Einfahrt in den Wattweg vor Minsener Oog. Dort beginnt der Weg „innen rum“. Die Alternative wäre „außen rum“ und wird von mir hier nicht weiter erwähnt (ist einfacher zu fahren, man muss aber auch wegen Tide und Seegatt gucken).
Speziell wegen dem Wattweg innen rum muss man schauen, wann man rüber kommt: Bei Niedrigwasser sind die Prickenwege fast trocken, erst nahe Hochwasser kommen „Dickschiffe“ da rüber. Da wir selbst 1,4m Tiefgang Festkiel haben, plane ich hier damit weiter. Wer weniger TG hat, hat mehr Luft, wer mehr hat, muss enger planen (bis 1,6m TG sollte es kein Problem sein). Wir planen natürlich ausgehend von der flachsten Stelle. Die sind laut Seekarte im Watt 😉
Es geht los: Bei Wattsegler.de erkennt man die aktuellen Tiefen der Wattwege bei mittlerem Hochwasser. Für das Minsener Oog Wattfahrwasser sind das 2,4m. Für die Telegraphen Balje vor unter Wangerooge sind das 1,9m (von mir selbst gemeldet…). Wann können wir nun rüber? Bei Wangerooge ist knapp 3m Tidenhub. Laut 12er Regel eine Stunde vor HW 25cm (ein Zwölftel vom Tidenhub) weniger, zwei Stunden noch mal 50cm (zwei Zwölftel), macht 75cm weniger.
2,4m minus 0,75m = 1,65m Wassertiefe, zwei Stunden vor Hochwasser. Passt. Wir können also 2h vor HW am Minsener Oog Prickenweg sein. Von Hooksiel ist dieser 6sm entfernt, man muss aber gegen das auflaufende Wasser fahren. Bei der starken Strömung schafft man mit einem durchschnittlichen Segelboot maximal 3 Knoten über Grund. Man braucht also mindestens 2 Stunden für den Weg. Plant lieber mehr Zeit ein! Wenn man dann in den Gezeiten-Kalender schaut, stellt man fest, dass man so ca. bei Niedrigwasser Hooksiel (8 min nach Wilhelmshaven NW) starten muss.
Wir befinden uns aber im Nassauhafen, 10 Meilen südlicher. Das ist gut: Wir können das ablaufende Wasser noch mindestens bis Hooksiel nutzen. Fahren wir 2h vor Niedrigwasser los, dann schaffen wir die 10 Meilen locker bis Hooksiel (nun gut erkennbar an Habecks Schiff).
Zwischenstand: Wir sind also 2h vor NW in Whv gestartet, kamen an Hooksiel vorbei und werden dann immer langsamer, weil wir gegen das nun auflaufende Wasser fahren. Angela und ich sind das gestern (erst) allerfeinst gesegelt: Minsener Oog fast in Rufweite (naja, eine gute Meile war es noch) hatten wir Wind mit 5 Bft aus Nordnordwest, ein Reff im Groß, Arbeitsfock dichtgeholt wie es nur ging und machten EINS komma SIEBEN Knoten Fahrt über Grund. Durchs Wasser weit über vier Knoten. Wir waren froh, rechtzeitig gestartet zu sein.
Weiter im Text: Wenn man etwas eher als 2 Stunden vor HW Wangerooge an der Tonne B14 ist, dann ist das okay. Bis zur flachsten Stelle ist es noch ein Stück und hinter dem Prickenweg wird es erstmal wieder tief. Da kommen dann die grünen B-Tonnen (aufpassen, die querschiebende Tide schiebt euch vom Kurs) und man hält anschliessend auf die T12-Tonne zu. Dreht man dort endlich seinen Kurs auf West, dann schiebt die Tide wieder mit und man ist auf der Telegraphen-Balje. Dort nicht abkürzen, sonst landet ihr auf dem Birgit-Flach 😉
Jetzt sollte es nicht später als eine Stunde vor HW Wangerooge sein. Tiefe dort? Wir erinnern uns: 1,9m Wassertiefe bei mittlerem HW, ein Zwölftel Tidenhub abgezogen: 1,9 minus 0,25m = 1,65m. Passt locker!
Der Strom schiebt uns die Pricken entlang, die den ein oder anderen unerwarteten Schlenker machen, irgendwann kommen wieder rote T-Tonnen und man ist im tiefen Wasser. Von dort immer brav den Tonnen entlang in den Hafen hangeln und nicht schnibbeln! Wir brauchten sieben Stunden und 10 Minuten für die ca. 23 Seemeilen. Ein guter Wert, aber es geht auch schneller (wenn man unbedingt will, aber warum einfach durchballern durch die schöne Gegend?)
Tipp: Schaut vorher beim BSH vorbei. Läuft vielleicht mehr Wasser auf als normal? Das wäre doch gut! Oder gar weniger? Immerhin gut zu wissen…
Grüßt Sascha von uns und der Swantje, wenn ihr oben im Vereinsheim im Wangerooger Hafen ein kühles Bierchen trinkt.