Mit gutem Grund wird bei allen amtlichen Sportbootscheinen ein Manöver besonders geübt und geprüft: MOB. Die Buchstaben stehen für Man over Board, also Mann über Bord oder modern Mensch über Bord. Das offizielle Flaggensymbol dafür ist das O wie Oscar. Deswegen wird die Übungspuppe für dieses Manöver auf Schiffen der Marine meist Oscar genannt. Manchmal steht MOB auch für Mütze über Bord. Wir hatten heute bzw. gestern allerdings ein POB: Paddel über Bord. Sogar fast mit Absicht. Und das kam so:

Am Baltrumer Steg war das Wasser so klar, dass man den Rumpf „unten rum“ sehen kann.

Abgekratzt

Und bei uns Backbord am Bug so eben unter der Wasserlinie konnte man leider auch sehen, wie sich der Kalkröhrenwurm breit machte (darüber schreibe ich noch). Den wollte ich etwas abkratzen. Dazu suchte ich in den Tiefen der Backskiste und fand das Bündel mit den Paddeln von Gudrun. So ein Paddel müsste doch gut gehen zum Kratzen, ohne die Rumpf-Beschichtung all zu doll zu beschädigen? Gedacht, getan: Ich konnte einiges von dem Zeug flächig entfernen, grobe Schätzung: Über ein Kilogramm.

Sieht man den hellen Bewuchs am Ruderblatt?

Irgendwann kam Angela von ihrem Spaziergang wieder und hatte Lust zu baden. Da erzählte ich ihr von unserem ebenfalls „befallenen“ Ruderblatt und dass ich denke, dass leichte Zittern der Pinne während der Fahrt kommt von eben diesem Bewuchs. Das klang schlüssig. Also zog sie ihren kurzen Neopren an, ging über die Heckleiter ins Wasser und ich gab ihr eine Hälfte vom Paddel (es ist steckbar, um es besser verstauen zu können). Als ich damit kratzte, fiel mir auf, dass es offenbar schwimmt, weil es immer nach oben wollte. Das teilte ich Angela so mit. Eine Weile schubberte sie am Ruderblatt, musste aber immer lachen, weil sie sich selbst abstieß, weg von Boot und Blatt.
Also gab ich ihr einen kleinen, flachen Kunststoff-Kochlöffel. ich gab nicht nur, ich warf ihn ihr zu und wie bei Mission Impossible fing sie ihn, schwimmend im Wasser, mit einer Hand in der Luft auf. Sah cool aus, natürlich filmte das keiner. Das Paddel ließ sie auf dem Wasser treiben und fing an zu kratzen, während sie sich mit der anderen Hand festhielt. Das ging wohl ganz gut.
Wir hörten es beide: Gluck. Das Paddel war so eben untergegangen. Öh, Mist. Ich dachte, das schwimmt?

Tauchen wollte und konnte Angela nicht: Mit dem Neo kommt man eh nicht runter. Gut, kein Problem: Wir sind im Tidenrevier. Warten hilft. Leider sollte das nächste Niedrigwasser erst um Mitternacht sein und morgens wollten wir los. Nee, das Paddelstück lasse ich nicht hier, das brauche ich! Also änderten wir (zum x-ten Mal in diesem Urlaub) unsere Pläne. Zum nächsten Mittagsniedrigwasser knöpften wir die Seite der Kuchenbude ab, beugten uns über Bord und hielten Ausschau. Im klaren Wasser sahen wir bald das Paddel aufblitzen. Aber wie daran kommen? Das Naheliegenste war wohl unser Bootshaken, obwohl am Paddel nichts war, wo man gut hätte einhaken können. Mit einem Tau machte ich eine Schlinge und hatte die naive Idee, das Paddel dort irgendwie durch zu bekommen, dann zuziehen zu können und… das klappte mal überhaupt nicht.
Dann versuchte Angela ihr Glück mit dem Bootshaken und bekam das eine Ende des Paddels sogar bis knapp unter die Wasseroberfläche. Ich hangelte mich so weit wie möglich Außenbords, spürte die Achter-Klampe schon drückend in meinem Magen, als wenn ich sie gegessen hätte, aber meine Arme waren trotz Recken und Strecken noch zehn Zentimeter zu kurz. Mittlerweile guckten uns einige Bootsnachbarn zu. Eine bot noch ihren Bootshaken dazu an, ein echt langes Ding. Damit könnten wir versuchen, das POB wie mit chinesischen Stäbchen zu greifen. Das kriege ich aber leider nicht mal mit Nudeln gut hin. Ein anderer Nachbar hatte sogar einen Kescher in der Backskiste, kramte ihn hervor und reichte ihn zu uns herüber. Quasi alle Segler bei uns am Steg waren nun eingebunden.
Aber selbst mit dem großen Netz war es überhaupt nicht einfach. Im Gegenteil wurde immer wieder viel Schmodder aufgewühlt, so dass wir Minutenlang Pause machen mussten, bis sich das Sediment wieder gelegt hatte. Nix für Ungeduldige. Ich vermute, hauptursächlich für die letztendliche Rettung war der weiter gefallene Wasserstand. Ich konnte mit einem Bootshaken eine Seite des Paddels anheben, die andere „stand“ auf dem Grund. Nun guckte die Oberkante ein klein wenig heraus. Angela und mir gelang die Akrobatik, den Bootshaken an sie zu übergeben, ohne das Paddel erneut zu verlieren. Nun rammte ich mir wieder die Klampe in den Bauch, dehnte Schulter, Ellenbogen, Handgelenk und Finger und kam so geeeerade eben mit zwei Fingern ans Blatt. Tataa! Es gab zwar keinen großen Jubel und keinen Applaus, aber was war ich froh, diese Rettungsaktion erfolgreich beendet zu haben! Paddel einfach neu kaufen? kommt ja gar nicht in Frage! Aber so einen Kescher glaub ich leiste ich uns noch. Damals hätten wir damit vielleicht einen Löffel retten können…

Rettungsmittel nebst Opfer

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