Hätten wir nicht unsere Ostsee-Auszeit gemacht; wir wären nicht hier in der Kieler Förde. Bei der Kieler Woche waren wir eh noch nie. Und weil wir die Idee eines „Segler-Kinos“ so toll fanden, hat Angela uns einen Platz dort organisiert.

Den ganzen Tag war ich etwas aufgeregt, dabei ging es doch erst um 21:00 Uhr los. Das heisst: Dann startete der Film, man sollte also schon dort vor Anker liegen, laut Info-Mail am besten auch mit Heck-Anker, um schwojen zu vermeiden. Gute Idee, und wir haben ja auch noch einen zweiten (Klapp)Anker an Bord. Den kramte ich heute erstmal aus der Backskiste und verlängerte den Kettenvorlauf, indem ich noch ein weiteres Kettenstück anschäkelte. Ich weiss gar nicht, warum ich das sonst nicht schon immer gemacht habe. Die Zusatzkette liegt bzw. lag immer unten im Eimer (ich weiss gar nicht mehr, woher ich das Kettenstück habe, bestimmt 6m lang, 8mm stark, verzinkt) und darüber der Klappdragen mit 6mm Kette ca. 4m als Vorlauf. Nun tüdelte ich die Ketten zusammen, damit deren Gewicht den Anker am Grund hält. Dann ging ich immer wieder durch, wie ich die Anker fallen lasse, obwohl ich das doch schon kenne. Interessant war aber die Wassertiefe: Man musste schon sehr nah ans Ufer ran, um auf so ca. 5m zu kommen. Nur ein kleines Stück davor sind es schon 11m Tiefe. Und wir SBF-Theoretiker wissen: Kettenlänge = mindestens dreifache Wassertiefe!
Und dazu bin ich es, der am Bug sitzt und die Meter dort rein ins Wasser und auch wieder rausholen muss (immerhin haben wir eine geile manuelle Ankerwinsch aus Bronze). Um es vorweg zu nehmen: Letztendlich ankerten wir auf 7m WT, ich steckte vorn knapp 20m Kette.
Und ich wusste nicht, wann man denn dort vor Ort sein sollte… Früh genug wollte ich schon da sein: Auf jeden Fall im Hellen, und nicht als letzter, denn dann kann man sich den Platz besser aussuchen usw. Angela schnappte sich ihr Telefon und rief dort an: „Also eine halbe Stunde vorher reicht völlig!“ Fein. Ich als Skipper war aber anderer Meinung. Was soll ich hier am Steg liegen und rumgrübeln, wenn ich schon vor Ort sein kann und in allerfeinster Ruhe alles klarieren? Sonnenuntergang war um 19:56 Uhr, die geplante Wegstrecke betrug knapp eine Meile, kalkulierte Fahrtdauer: 15 Minuten. Also legten wir um 19:26 Uhr ab, bei bestem Sonnenschein und Null Wind.
Auf der Förde dümpelten schon einige Boote verdächtig in der Nähe des Kraftwerks, aber es war noch kein Meldeboot zu sehen. Im „Hafengang“ tuckerten wir weiter. Ich beschloß: Pfeif drauf, wir warten auf nix und fahren da jetzt hin und ankern schon mal. Was man hat, das hat man.

Rechts in dem Viereck sollten die Boote ankern um zu gucken. Das Blaue ist die Slocum… in etwa.

Das war eine gute Idee, denn nach uns kamen schnell viele andere Boote an und suchten sich ihre Plätze. Und unser Ankermanöver klappte auch wie geplant. Ich warf den Heckanker (immerhin 10 Kg plus Kette) ein ganzes Stück hinters Heck und holte vorn die Kette wieder ein paar Meter ein. Wir lagen sehr gut und stabil, haben uns die ganze Zeit kein bisschen gedreht!

Als „Leinwand“ diente die Front eines großen Kraftwerk-Gebäudes. Leider ist die Fassade nicht vollständig plan sondern wird von einer Art Gang durchbrochen… aber es ging schon. Wir lagen ja auch etwas an der Seite, aus der Mitte von hinten war es bestimmt besser. Die Lösung für den Sound war pfiffig: Wir bekamen eine Mail, auf welcher (UKW-)Frequenz dieser gesendet wird. Ich dachte erst an einen Funkkanal, aber nein: Im Radio einstellen! Das ging gut.
Wir machten es uns im Cockpit gemütlich: Viele Kissen, jeder eine Wolldecke über die Beine und ich nahm noch den Kugelfender zum anlehnen.

Um 21:21 Uhr startete Richtung Ausgang der Förde noch ein Feuerwerk, aber das war kein Problem (sehr schön anzusehen). Leider haben noch vor Ende des Filmes einige ihre Maschinen gestartet und mehr oder weniger laut ihre Ankerketten aufgeholt. Da hätte man doch auch noch die Viertelstunde warten können… um 22:55 Uhr war der Film dann vorbei und wir räumten das Cockpit auf, starteten auch die Maschine und ich machte mich daran, die Anker aufzuholen. Den Heckanker zu erst: War schwer, aber ging. Doch warum kommt der nicht senkrecht aus dem Wasser sondern so schräg von hinten? Strömung hamwa hier doch nicht? Und da sah ich es: Meine Güte, ein alter, glitschiger langer Tampen lief quer über den Klappanker. War das der Grund, warum wir nicht geschwoit haben? Ein Glück, dass ich den Anker überhaupt mit der Leine hochziehen konnte… beim Frontanker konnte ich erstmal etliche Meter Kette mit der Winsch hochholen, bevor es nicht mehr weiterging. Aber mit etwas Fahrt voraus war der schnell ausgebrochen und aufgeholt. Mittlerweile waren auch die meisten anderen Boote in alle Richtungen verschwunden. Drei, vier dümpelten noch rum und ich ging wieder auf Kurs Wellingdorf zu unserem Platz (das Schild hatten wir sicherheitshalber auf Rot gedreht). Ich fahre gerne bei Nacht – es ist so friedlich, so wenig Verkehr und die (meisten) relevanten Seefahrtszeichen erkennt man sogar besser, weil sie leuchten.
Der Hafen ist auch sehr gut ausgeleuchtet und es war überhaupt kein Problem, dort im Dunkeln einzufahren und in der Box anzulegen (Okay, die Heckleinen hatte ich beim Ablegen extra ohne die Länge zu verändern von den Pfählen genommen). Um 23:20 Uhr waren wir wieder fest am Steg und gönnten uns noch ein Bierchen.

Das war wirklich ein tolles Erlebnis und endlich kann man sich als Segler mal über Flaute freuen!

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