Am ersten Mai-Wochenende ist Anschippern vom OYC. Die Kameraden fahren von Oldenburg nach Bremerhaven. Unsere Swantje liegt ja mittlerweile in Hooksiel. Trotzdem wäre ich gern in Bhv dabei. Also fahre ich über Jade und Weser dahin. Haben wir ja schon oft gemacht.

Allerdings: Single Hand, also alleine, habe ich diesen Schlag noch nicht gemacht. Angela hat eine Segelwoche auf Mallorca und kommt erst nächsten Samstag wieder (gleich nach BHV). Und irgendjemand anderes zu fragen, habe ich irgendwie keine Lust. Das führt immer zu so vielen Folge-Fragen: Okay, wann wo, wie machen wir das, wer fährt? Morgens hin oder Abends und an Bord pennen? Und so weiter… nee. Das mache ich allein. Für Freitag, den 03.05. hätte die Tide übrigens super gepasst, aber ich hätte mir den Tag frei nehmen müssen, was mir Arbeitstechnisch gar nicht passt. Also muss ich die Überführung am Wochenende davor machen. Ich fange die Planung dafür immer so an: Wann ist Niedrigwasser am Leuchtturm Alte Weser? Und dann kann man rückwärts rechnen, wann man los muss. Nun war NW für 9:28 Uhr bestimmt. Erste Schleusung in Hooksiel ist um 8 Uhr. Von dort zum Wendepunkt in die Weser sind es knapp 12 Meilen. Also muss ich die in 90 Minuten schaffen.
Erstens: Das ist illusorisch. Selbst mit Wind und Tide schaffen wir sicher keine 8 Knoten Fahrt im Durchschnitt.
Zweitens: Muss ich gar nicht! Ich will ja wieder über den Heinrich-Punkt (u.a., weil die Mittelrinne mittlerweile echt flach und eng geworden ist und obwohl da nun neuerdings eine weitere Tonne, 6A, ausgelegt wurde).
Und mir ist es lieber, dass das Wasser schon wieder aufläuft, wenn ich mich dem Heinrichpunkt nähere… wenn ich dort also eine halbe Stunde nach NW wäre, dann wäre das gerade gut! Okay: Das wären dann 6 kn Fahrt im Schnitt, könnte man schaffen, wenn a) das ablaufende Wasser so kurz vor NW noch schiebt und b) der Wind etwas hilft. Wir werden sehen.
Um 6:40 Uhr ging mein Wecker. Ich habe die Heizung über die Nacht durchlaufen lassen, da ist das aufstehen schon gemütlich (nach 12h heizen ca. 2L aus dem Tank, ist das viel oder wenig?). Ohne Eile bereitete ich alles vor, kochte mir eine Kanne Tee und machte mir ein Brot. Richtig Hunger hatte ich gar nicht, aber ich wusste: Wenn ich erstmal draußen bin, sind meine Möglichkeiten eingeschränkt. Also essen auf Vorrat (Rückblick: das war richtig so, erst spät auf der Weser bekam ich wieder Hunger).
Gegen halb acht schmiss ich den Motor an und warf die Leinen los. Es war kein Wind im Hooksmeer und wenn man oft alleine ablegt, dann ist das wirklich reine Routine. So tuckerte ich zur Schleuse in der Annahme, ich werde bestimmt der einzige sein. Fender und Festmacher hatte ich nur auf einer Seite, noch vom Ablegen. Doch wie ich mich der Schleuse nähere erkenne ich zweierlei: In der Schleuse liegt schon einer und bei Kähler legt gerade einer ab, um auch in die Schleuse zu fahren. Ein Blick nach hinten zeigt mir: Da kommt noch einer. Muss ich nun noch flink Fender an Bb ausbringen, falls ich an der anderen Seite anlegen muss? Abschätzung: Wenn sich alle richtig verhalten, dann gehts auch so. Während ich so grübel und gucke und auf die Schleuse zu fahre, da stoppt Swantje abrupt und nickt mit dem Vorschiff. Auf Grund gelaufen! Ich Dussel! Bei

Da ist es flach!

aller Grübelei war ich so im Tran, dass ich den direkten Weg zur Schleuse nahm, obwohl ich wusste, dass es dort flach war. Also Maschine Rückwärts, Ruder weg vom Flach und… ja, klar, ich konnte so runter fahren. Jetzt aber im großen Bogen zur Schleuse! Dort konnte ich an Steuerbord ran, einer von der Yacht vorne, die schon in der Schleuse lagen, nahm meine Vorleine und alles war gut. Kurz darauf waren wir schon rausgeschleust. Noch im Vorhafen holte ich Fender und Festmacher rein, um mich dann an die Ausfahrt aus dem Hafen zu wagen. Weil wir nahe Niedrigwasser waren, guckten schon überall Wattberge raus. Aber die beiden vorfahrenden Boote zeigten, wo es lang gehen könnte und ich folge brav, nicht ohne meinen eigenen Kurs permanent zu überprüfen. Hier war ich schon oft rein und raus und kenne mich wirklich aus, aber: Will man wegen eines doofen Fehlers hier bei ablaufendem Wasser festkommen? Nö, ich nicht. Und deswegen fuhr ich fein bis zur Tonne H3 und überlegte mir, wie es gleich weiter geht.
Es war schon sonnig, aber echt noch kalt (ich hatte lange Unterhose drunter und schon in der Schleuse zog ich noch meine Jogginghose als Zwischenschicht an). Und wir hatten ein wenig Ostwind. Das war gut, weil ich damit auf meinem Kurs unterstützend segeln konnte aber schlecht, weil bei Ost weniger Wasser aufläuft (Heinrichpunkt!). Da wir aber erst vor vier Wochen den gleichen Weg in die andere Richtung genommen hatten, war mir klar, dass es auch heute passen wird, egal ob 1dm Wasser mehr oder weniger. Ich rollte also bei einem Bordwind von ca. 7kn bald die Genua aus und wir machten gleich einen guten halben Knoten mehr Fahrt. Um das Landratten Laien nahe zu bringen: Aus dem Hafen fuhr ich mit einer Drehzahl für 4,8 kn Geschwindigkeit. Den Hafen raus wurde die Fahrt (nicht die Drehzahl!) etwas weniger, aber sobald ich nahe der Tonne H3 meinen Kurs Richtung Nordost, also mit dem ablaufenden Wasser anpassen konnte, schob der Strom noch ein wenig und ich war bei knapp 6 kn, ohne den Gashebel angefasst zu haben. Mit dem Segel waren es dann 6,5 und mehr, also – siehe oben – voll im Schnitt, auch wenn es in einer Stunde noch nachlassen sollte. Und weil ich schon wieder so viel geschrieben habe ( es ist jetzt Samstag Abend, 23:56 Uhr), muss ich den Bericht aufteilen und schreibe euch morgen den Rest 🙂

Teil 2 hier

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